Montag, 29. November 2010

EU-Krise: Tapas versus Hauptgericht

Der IWF und die EU haben gestern ein Rettungspaket in Höhe von 85 Mrd. € für Irland geschnürt. Irland ist damit das erste Land, das den EU-Rettungsschirm in Anspruch nimmt. Werden sich die Finanzmärkte jetzt beruhigen? Irland selbst kann nicht viel Schaden in Europa anrichten. Das gilt auch für Griechenland und Portugal, welche als die nächsten Domino-Steine betrachtet werden. Dann gibt es aber Spanien. „Während die anderen Tapas sind, ist Spanien das Hauptgericht“, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne in NYT. Was über Spanien auffällt, ist, aus amerikanischer Sicht, wie seine wirtschaftliche Geschichte der der amerikanischen ähnelt, hebt Krugman hervor. Wie Amerika hat auch Spanien eine riesige Immobilienblase erlebt, begleitet von einem enormen Anstieg der privaten Verschuldung. Wie Amerika ist Spanien nach dem Platzen der Blase in eine Rezession gefallen. Nun erlebt das Land einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Und wie Amerika steht Spanien aufgrund der einbrechenden Einnahmen und der steigenden Kosten, die aus der Rezession herrühren, einer Ausweitung des Haushaltsdefizits gegenüber.

Aber im Gegensatz zu Amerika steht Spanien am Rande einer Schuldenkrise. Die US-Regierung hat angesichts der Zinsen für langfristige Staatsverschuldung unter 3% keine Mühe, das Defizit zu finanzieren. Spanien hingegen ist mit steigenden Fremdkapitalkosten konfrontiert, was zunehmende Ängste vor einem möglichen Zahlungsverzug in Zukunft widerspiegelt, argumentiert Krugman weiter. Warum steckt aber Spanien in derart Schwierigkeiten? Die Antwort ist der Euro. Spanien gehörte zu den eifrigsten Ländern, die den Euro 1999 eingeführt haben. Alles schien glatt zu laufen. EU-Finanzmittel, die nach Spanien zugeflossen sind, haben für Ausgaben im privaten Sektor gesorgt. Und Spaniens Wirtschaft hat ein rasantes Wachstum erlebt. Die spanische Regierung schien über die Jahre ein Modell für die Verantwortlichkeit in steuerlicher und finanzieller Hinsicht darzustellen. Im Gegensatz zu Griechenland hat Spanien einen Haushaltsüberschuss aufgewiesen. Und im Gegensatz zu Irland hat Spanien schwer versucht, die Banken zu regulieren. Am Ende des Jahres 2007 lag die öffentliche Verschuldung Spanien (als prozentualen Anteil am BIP) nur um die Hälfte höher als die von Deutschland. Selbst jetzt stehen Spaniens Banken bei weitem nicht so schlecht wie die von Irland, legt Krugman dar.

Die Probleme entwickeln sich aber unter der Oberfläche. Während der Boom-Zeit sind die Preise und Löhne in Spanien schneller gestiegen als im Rest von Europa, was den Anstieg des Handelsbilanzdefizits vorantrieb. Und nach dem Platzen der Blase ringt die spanische Industrie jetzt mit der verminderten Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern in der EU, wegen der Kosten. Was nun? Hätte Spanien seine eigene Währung (wie die USA oder Grossbritannien), würde es jetzt abwerten können, um an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Die Option ist aber nicht vorhanden, weil Spanien den Euro hat. Spanien muss also „intern abwerten“. Das heisst, es muss Löhne und Preise senken, bis die Kosten mit denen der Nachbarn wieder in Einklang kommen, legt Krugman dar. Interne Abwertung (internal devaluation) ist aber eine hässliche Gelegenheit. Es dauert normalerweise Jahre, die Arbeitslosigkeit und die Löhne nach unten zu drücken. Darüber hinaus bedeuten sinkende Löhne sinkende Einkommen, während die Verschuldung gleich bleibt. Interne Abwertung verschlechtert also die Schuldenproblematik des Privatsektors.

Das bedeutet für Spanien schlechte wirtschaftliche Aussichten in den nächsten Jahren. Soll Spanien den Euro verlassen und seine eigene Währung einrichten? Wahrscheinlich nicht. Spanien wäre besser dran, wenn es den Euro nie übernommen hätte, schlussfolgert Krugman. Aber den Euro zu verlassen, würde jetzt eine schlimme Bankenkrise auslösen, weil alle Sparer ihre Gelder anderswohin wegbringen würden. Spanien ist also ein Gefangener des Euro, ohne gute Möglichkeiten zu haben, fasst Krugman zusammen. Die USA, die ihre eigene Währung mit ihrer allen Flexibilität hat,  steckt nicht in einer derartigen Falle. Die schlechte Nachricht ist, dass eine mächtige politische Partei versucht, die Federal Reserve (Fed) an die Kette zu legen, einen grossen Vorteil in Anspruch zu nehmen. Die Republikaner greifen die Fed, die versucht, die wirtschaftliche Erholung zu fördern, an.

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