Freitag, 19. November 2010

Ben Bernanke erklärt die gegenwärtige Geldpolitik der Fed

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat heute in einer von Bloomberg TV live gestrahlten Rede („Rebalancing the Global Recovery“) auf der 6. Konferenz der EZB in Frankfurt unterstichen, dass die Weltwirtschaft sich nun im zweiten Jahr der Erholung von der tiefen Rezession, die durch die verheerendste Finanzkrise seit der Grossen Depression ausgelöst wurde, befindet. In der intensivsten Phase der Krise, als der finanzielle Flächenbrand die Weltwirtschaft zu verschlingen drohte, standen die Entscheidungsträger in fortgeschrittenen und aufstrebenden Volkswirtschaften gemeinsamen Herausforderungen gegenüber, so Bernanke. Dementsprechend ist die Zusammenarbeit die wesentliche Herausforderung für die Entscheidungsträger weltweit, um ein gegenseitig vorteilhaftes Ergebnis zu erreichen, nämlich eine robuste Expansion der globalen Wirtschaft, welche ausgewogen, nachhaltig und weniger anfällig für Krisen ist, erklärt der Vorsitzende der amerikanischen Notenbank.

US Arbeitsmarkt, Graph: Prof. Ben Bernanke, Fed, Nov. 2010

Bernanke sprach von einer „Zweigang-Erholung“ der Weltwirtschaft: Entwicklungsländer versus fortgeschrittene Industrieländer. Danach beschrieb der Fed-Chef die gegenwärtige Geldpolitik der US-Notenbank im Einzelnen. Im Übrigen betonte Bernanke, dass er die Verwendung des Begriffs „quantitative easing“ mit Bezug auf die Fed nicht für angemessen hält. Mengenmässige Lockerung beziehe sich typischerweise auf Strategien, die versuchen, Einfluss auf die Menge der Bankreserven zu nehmen, also einen Kanal, der relativ schwach erscheine, zumindest im Kontext der Fed, so Bernanke. Im Gegensatz wirkt der Kauf von Wertpapieren auf die Rendite der zukaufenden Wertpapieren aus und via Substitutionseffekt auf die Portfolios der Anleger auf einer breiten Palette von Vermögenswerten, legte Bernanke dar. Wichtig sei, dass der geldpolitische Ausschuss der Fed unbeiirt die Verpflichtung für die Preisstabilität einhält und nicht versuche, Inflation über dem Niveau von 2% oder etwas weniger als, was die meisten Teilnehmer des FOMC im Einklang mit dem Fed-Mandat betrachten, zu sehen. Im dritten Abschnitt seiner Rede ging Bernanke auf die globale Herausforderungen und Spannungen ein. Die Kapitalzuflüsse in die Entwicklungsländer erfolge aus zwei Gründen: (1) das Wirtschaftswachstum, das stärker als erwartet erfolgt (kurzfristig), und (2) hohe Zinsen (langfristig). Doch jenseits dieser grundlegenden Faktoren gebe es einen wichtigen Antreiber der raschen Kapitalzuflüsse in einige Schwellenländer: unvollständige Anpassung der Wechselkurse in den Volkswirtschaften, welche Investoren Aufwertung der entsprechenden Währungen erwarten lässt. Die Wechselkursanpassung sei gemass Bernanke unvollständig, weil die Behörden in einigen aufstrebenden Volkswirtschaften an den Devisenmärkten intervenieren, um eine Aufwertung der eigenen Währung zu verhindern oder zu verlangsamen. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung China?


Aufstrebende Volskwirtschaften, Wechselkurse und Devisenreserven, Graph: Prof. Ben Bernanke, Fed, Nov. 2010

Im Schlussteil seiner Rede deutete Bernanke auf den strukturellen Fehler der jetztigen Zusammensetzung des internationalen Währungssystems hin. Es fehle ein Mechanismus, marktorientiert oder anderweitig, um notwendige Anpassungen durch Überschussländer herbeizuführen. Das Problem ist nicht neu, so der Fed-Chef. Als Beispiel sei der Zusammenhang mit dem Goldstandard in der Zeit vor der Weltwirtschaftskrise, als die USA und Frankreich begleitet vom grossen Zustrom von Gold hohe Leistungsbilanzüberschüsse einfuhren, zu erwähnen. Trotz der sog. Spielregeln des internationalen Goldstandards war es keinem Land aufgrund der höheren Goldreserven erlaubt, die inländische Geldmenge und das Preisniveau zu steuern, mit der Folge, dass die realen Wechselkurse in jedem Land beharrlich unterbewertet blieben. Die Politik hat in Defizitländern einen deflationären Druck erzeugt, welcher zu Grossen Depression geführt hat, erklärt Bernanke. Der Goldstandard war gut gemeint, für wirtschaftliche und finanzielle Stabilität zu sorgen, aber die Misserfolge untergruben die Ziele. Obwohl die Parallelen sicherlich alles andere als perfekt sind, und Bernanke sagt keine neue Depression voraus, sind manche der Lehren aus der düsteren Sicht von heute zutreffend. Insbesondere kann das Ziel eines exportorientierten Wachstums für Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen letzlich nicht gelingen, wenn die Auswirkungen dieser Strategie für das globale Wachstum und die Stabilität nicht berücksichtigt werden.


US Verbraucherpreise, Graph: Prof. Ben Bernanke, Fed, Nov. 2010

Es wäre laut Bernanke wünschenswert für die Weltgemeinschaft, im Laufe der Zeit, ein internationales Währungssystem zu kommen, welches konsequenter an die Interessen der einzelnen Länder im Interese der Weltwirtschaft als Ganzes ausgerichtet ist, zu entwickeln. In der Zwischenzeit müssen die Länder der Welt, ohne ein solches System, anerkennen, ihre kollektive Verantwortung für den erforderlichen Wiederausgleich (rebalancing) wahrzunehmen, um die globale wirtschaftliche Stabilität und den Wohlstand zu bewahren.

Fazit: Ben Bernanke macht seine Arbeit, indem er gemäss dem Dual-Mandat der Fed mit Hinblick auf die Preisstabilität und die Vollbeschäftigung die Geldpolitik durchführt, die angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der niedrigen Inflation derzeit angemessen ist. Wenn es ein Land auf der Welt gibt, dem das nicht passt, soll es selbst angemessene Massnahmen treffen. Es gilt aber dabei zu beachten, dass ein exportorientiertes Wirtschaftswachstum auf lange Sicht nicht funktioniert.

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