Sonntag, 28. November 2010

Stresstests für Spitzenverdiener

Es sind nicht nur Tea-Party-Aktivisten, die sich über Steuern erzürnen. Eine viel grössere und vielfältigere Gruppe scheint empört, dass der Kongress derzeit erwägt, die Bush-Steuersenkungen am Jahresende (für Familien, die mehr als 250'000 $ verdienen und Einzelpersonen, die mehr als 200'000 $ verdienen) auslaufen zu lassen, schreibt Robert Frank in einem lesenswerten Essay („Taxing the Rich: It’s All Relative“)  in NYT. Die andere Frage, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen wird, ist, ob die Steuern im allgemeinen steigen werden. Vorerst möchte Frank darauf aufmerksam machen, dass es, wenn Baby-Boomer in den Ruhestand gehen, keine Möglichkeit gibt, allein mit Ausgabenkürzungen zu verhindern, dass die Staatsverschuldung ausser Kontrolle gerät. Es sind also auch zusätzliche Einnahmen nötig. Natürlich gibt es viele komplexe Probleme bei der Abwägung der Auswirkungen eines bescheidenen Anstiegs der oberen Steuersätze. Wird es zum Beispiel das Wirtschaftswachstum bremsen? Es gibt aber keine glaubwürdigen Beweise dafür, dass es so ist. Das markanteste Problem in den Köpfen der Steuerzahler ist, wie die Veränderungen auf ihren Lebensstandard auswirken werden. Wahr ist, dass wirklich vermögende Familien ihre Ausgaben überhaupt nicht ändern müssten, bemerkt der an der Cornell University (Johnson Graduate School of Management) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Viele Familien mit einem Einkommen von 250'000 $ und mehr geben alles, was sie verdienen, aus und sie müssten natürlich die Ausgaben kürzen. Menschen empfinden Sparkurse à la „Gürtel-enger-schnallen“ schmerzhaft. Doch neuere psychologische Forschung legt nahe, dass, wenn alle in dieser Gruppe unisono weniger Geld ausgeben, ihre Wahrnehmung von ihrem Lebensstandard im Wesentlichen unverändert bleibt, erklärt Frank. Das ist, weil, wenn die Verbraucher sich einmal aus dem Reich der Notwendigkeiten zurückziehen, was der britische Ökonom Fred Hirschpositional goods“ nennt, sie sich auf Dinge konzentrieren, die von gewöhnlichen herausragen oder deren Wert weitgehend aus der Tatsache stammt, dass nicht jeder sie haben kann. Als Beispiel sind Häuser mit spektakulärer Aussicht zu erwähnen, wie auch high-performance Autos, Designer-Kleider und Gourmet-Mahlzeiten. Ein bescheidener Anstieg der Steuersätze würde die Fähigkeit wohlhabender Familien nicht beeinträctigen, solche Freuden zu geniessen, argumentiert Frank.

Betrachten wir einen Hedge-Fonds-Manager, der eine Wohnung mit einem atemberaubenden Ausblick auf den Central Park will. Da das Angebot an solchen Wohnungen begrenzt ist, muss er andere Interessenten überbieten. Wenn sein Steuersatz steigt, wird er nicht in der Lage sind, so viel Geld auszugeben. Aber weil der Steuersatz auch der anderen steigt, werden auch sie nicht mehr so viel bieten können wie vorher. Der Steuersatz, der ansteigt, gilt für alle Bieter und er hat keinen Einfluss auf das Ergebnis. Mit weniger Einkommen nach Steuern würden die Spitzenverdiener auch nicht mehr in der Lage, so viel Geld für Autos oder die Hochzeit-Parties für ihre Kinder ausgeben. Warum fühlen sie sich aber in erster Linie veranlasst, so viel Geld auszugeben? In den meisten Fällen wollten sie einfach ein Auto, was sich „schwungvoll“ fühlt oder ein Fest, das „spezial“ erscheint. Aber Begriffe wie „schwungvoll“ und „spezial“ sind unausweichlich relativ, erläutert Frank. Wenn andere in Ihrem Kreis viel Geld ausgeben, müssen Sie auch entsprechen viel Geld ausgeben oder mit der Enttäuschung leben, welche aus den unerfüllten Erwartungen herrührt.

Wenn der Spitzensteuersatz steigen sollte, wie geplant, von 35% auf 39,5%, was dem Niveau während der Clinton-Ära entspricht, würden Spitzenverdiener einbisschen weniger für Autos und Parties ausgeben, sodass die Standards, die ihre Erwartungen definiert, sich anpassen würden. Sobald sich aber der Staub legt, würden sich ihre Autors nicht weniger „schwungvoll“ fühlen und ihre Feste nicht weniger „spezial“ als vorher, so Frank.

Fazit: Die Bush-Steuersenkungen für die reichsten Familien im nächsten Monat auslaufen zu lassen, würde ihre Fähigkeit kaum berühren, zu kaufen, was sie wollen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein weiteres wunderbares Beispiel dafür,wie durch Nebelgranatwurf die Wahrnehmung des Publikums getäuscht werden soll.Die Steuerbelastung der oberen 10 % der Bevölkerung ist letztlich nebensächlich verglichen mit dem Kernproblem. Solange der blutsaugende Staat, vertreten durch korrupte Politclowns, nicht agressiv zurückgeführt werden kann , ist alles andere zwecklos.Jede Lösung hat auf der Ausgabenseite zu beginnen.Eine ad hoc Etatsenkung von 40 % erscheint durchaus angemessen .

Faam