Donnerstag, 18. November 2010

Verzinsung der Überschussreserven und Kontrolle über Inflation

Das Thema der Verzinsung der Überschussreserven von Banken, die bei der US-Notenbank gehalten werden, ist wieder in aller Munde. Die Meinung, die die Runde macht, ist, dass die Banken sich wegen der Verzinsung der Überschussreserven mit der Kreditvergabe zurückhalten. Auf diese Weise werde die aggregierte Aktivität am Markt gedrückt. „Die Verzinsung der Reserven ist allerdings eine Art Sicherheitsnetz für die Fed, QEI und QEII durchzuführen“, bemerkt Mark Thoma in seinem Blog. Hätte die Fed die Überschussreserven nicht verzinst, wäre QEI viel geringer gewesen und QEII wäre überhaupt nicht möglich, argumentiert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. (1) Ob die Zahlung von Zinsen auf Überschussreserven eine Einschränkung des Kreditwesens darstellt, hängt nicht von der Bereitstellung des Kredits ab, sondern von der Nachfrage, so Thoma. Eine Steigerung des Angebots an Darlehen würde keine grosse Auswirkungen entfalten, wenn Unternehmen nicht interessiert sind, neue Investitionen zu tätigen. Unternehmen sitzen bereits auf Bergen von Bargeld, welches sie für diesen Zweck nutzen könnten, aber sie tun es nicht, und es ist nicht klar, wie die Bereitstellung von mehr Geld die Situation ändern würde.

Überschussreserven der Banken, Graph: Fed St. Louis

(2) Thoma hat Zweifel daran, dass ein Viertel-Prozent-Zinssatz (das ist, was die Fed derzeit auf Bankreserven zahlt) viele von Kreditvergabe abhält, (3) Das ist ein Sicherheitsnetz für die Fed in Bezug auf die Inflation. Die Zahlung von Zinsen auf Reserven gibt der Fed die Kontrolle über die Reserven, die sie sonst nicht hätte und die Kontrolle der Reserven ist unerlässlich, die Inflation unter Kontrolle zu halten. Wenn die Wirtschaft beginnt, sich zu erholen, wird die Fed die Kontrolle über die Reserven verlieren und sie werden die Banken verlassen, um in Investitionen und Konsum überzugehen, und zwar mit einem schnellen Tempo, da die Inflation ein Problem werden könnte, erläutert Thoma.

Aber durch eine Änderung des Verzinsungssatzes kann die Fed die Kontrolle darüber behalten, mit welcher Rate die Überschussreserven die Banken verlassen. Der Anreiz für die Kreditvergabe ist die Differenz zwischen dem, was die Banken durch die Kreditvergabe an Geld verdienen können, oder den Kauf eines finanziellen Vermögenswertes und dem, was die Banken durch die Haltung des Geldes als Reserve tun können. Angenommen erhöht die Fed die Verzinsung auf die Reserven auf das Niveau des Markt-Zinssatzes. In diesem Fall hätten die Banken keinen Anreiz, um Kredite zu vergeben, und sie würden stattdessen einfach Reserven halten, beschreibt Thoma weiter. Das Instrument, das die Fed hat, um Überschussreserven aus dem System zu entfernen, sind die Offenmarktgeschäfte. Warum braucht aber die Fed ein anderes Instrument (die Verzinsung der Reserven), um die Überschussreserven zu kontrollieren? Eine zu schnelle Entfernung der Überschussreserven durch Offenmarktgeschäfte könnte die Finanzmärkte stören. Die Zahlung von Zinsen auf Reserven gibt der Fed einen Weg, um die Reserven gemächlicher aus dem System zu entfernen, während sie noch die Kontrolle über die Inflation hat. Die traditionell einzige Möglichkeit ist für die Fed, um die Überschussreserven aus dem System zu entfernen, den Leitzins (Fed Funds Rate) durch Offenmarktgeschäfte zu erhöhen. Da die Zinsen auf Reserven ein Boden für die Fed Funds Rate darstellen, ein Boden insofern, als niemand Reserven zu einem niedrigeren Zinssatz ausleihen würde, als dass man durch das Halten von Reserven verdient), würde eine Erhöhung des Verzinsungssatzes auf Reserven den Fed Funds Rate erhöhen, selbst wenn die Reserven noch im System sind.

Fazit: Die Verzinsung der Reserven ist m.a.W. der Preis dafür, der bezahlt werden muss, um die Fähigkeit zur Durchführung von QEI und QEII beizu behalten.

Andy Harless (“What Will Happen If the Fed Stops Paying Interes on Reserves?”) hatte in diesem Zusammenhang darauf hingedeutet, dass die Fed die Verzinsung der Reserven auf Null zurückfahren könnte, weil sie immer noch die Autorität hätte, sie später wieder anzuheben, um Inflationsgefahr abzuwehren.

Der Grund, warum die Fed die Verzinsung der Reserven nicht auf Null herabsetzt, ist, dass die Fed einen funktionierenden kurzfristigen Geldmarkt haben will, wie den Markt für Fed Funds Rate, erinnert Thoma daran. Ben Bernanke hatte im Juli gesagt, dass es, wenn die Zinsen auf Bankreserven (excess reserves) gegen Null gehen, keinen Anreiz geben wird, im Bankensystem Tagesgeld (overnight) zu kaufen und/oder zu verkaufen. Und wenn der Markt dichtmacht, dann wird es schwierig, die kurzfristigen Zinsen zu steuern, wenn die Fed irgendwann in Zukunft beginnt, die Geldpolitik zu straffen. Thoma hält jedoch Bernankes Begründung nicht für glaubwürdig. „Vor der Rezession lag der Satz bei Null und die Märkte funktionierten gut“, argumentiert Thoma. „Aus Sicht der Fed spielt es aber keine Rolle. Die Fed-Gouverneure scheinen zu glauben, dass es notwendig ist, die Reserven etwas zu verzinsen, um Probleme am Markt für overnight-Geschäfte zu vermeiden. So vertritt die Fed die Ansicht, dass die gegenwärtige Zahlung eines Viertel-Prozents Zinsen auf die Bankreserven bei der Notenbank ein notwendiger Bestandteil der Geldpolitik ist, einer Politik, die der Fed den Komfort gibt, den sie für die Durchführung der mengenmässigen Lockerung (quantitative easing) benötigt“, erläutert Thoma weiter. „Die Fed mag Recht haben oder nicht über die Auswirkungen des Tagesgeld-Marktes (overnight). Aber sie hält noch alle Karten in der Hand, und aus praktischen Gründen ist es, wenn man QE II will, ein Teil des Geschäftes“, so Thoma.

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