Mittwoch, 17. November 2010

Kilkenomics Festival und Irlands Schuldenkrise

Finanzexperten und Comic-Künstler trafen sich neulich auf dem ersten  Kilkenomics Festival (11-14. November 2010) in Irland zusammen, um über öffentliche Fragen zu diskutieren, warum die Welt wiederkehrende, intensive Finanzkrisen erleidet und warum Irland so hoch gestiegen und spektakulär abgestürzt ist, und welche Möglichkeiten es gibt, die andere Nationen in der Krise erfolgreich wahrgenommen haben. William K. Black, der als Wirtschaftsprofessor mit Ökonomen und Comic-Künstlern aus Irland am Festival teilgenommen hat, berichtet in einem lesenswerten Essay in benzinga über seine Eindrücke. Irland war als der „keltische Tiger“ bekannt. Das Land hat sich vom armen Mann in Nordeuropa zu einer Nation mit einem BIP pro Kopf vergleichbar mit dem der USA transformiert. Der dabei erlangte wirtschaftliche Ruhm drückte sich im alten, wahren und schmerzhaften Witz: „Was exportiert Irland?“. Die Antwort: „das Irische“. „Leider hat sich der keltische Tiger als eine keltische Chimera offenbart“, beschreibt Black. Die irische Bankenaufsicht war so schwach und Irlands Banken waren so wild und verrückt, dass die NYT Irland das neue „Wild West“ nannte, fügt Black hinzu. Irlands grösste Banken haben eine Doppel-Blase im Immobilienmarkt (gewerblich und als Wohnung) aufgebläht.

„Sie sind massiv gewachsen. Glücklicherweise scheiterte Lehman, sodass die Fähigkeit irischer Banken, weiterzuwachsen, zusammengebrochen ist, was bedeutet, dass die Blasen Ende 2008 geplatzt sind“, argumentiert, der an der University of Missouri Kansas City lehrende Rechtsprofessor. Wäre das nicht passiert, hätten die irischen Banken ihr Wachstum fortgesetzt und im Verhältnis zur Grösse der irischen Wirtschaft fast unvorstellbare Verluste verursacht, erklärt Black. Anglo Irish Bank war nur die schlimmste Sammlung grosser irischen Banken. Rund 70% der notleidenden Kredite der Anglo Bank gehen auf das Konto der irischen Unternehmen. Die Teilnehmer des Festivals, welche verschiedene Strömungen der wirtschaftlichen und politischen Ansichten vertraten, waren sich in drei Punkten über die irische Krise einig, hält Black fest: (a) Es war wahnsinnig seitens irischer Regierung, für praktisch alle Schulden der gescheiterten irischen Banken unbegrenzte und erweiterte Garantie abzugeben, (b) die irische Regierung hat eine private Bankenkrise in eine staatliche Schuldenkrise und Haushaltskrise transformiert, was Irlands Erholung von der Wirtschaftskrise gefährdet und die EU und den Euro schwerwiegend belastet, und (c) entweder die EU rettet (bail out) Irland oder Irland gerät in Zahlungsverzug (default).

Professor Black kündigt an, dass er sich in einer Reihe von Kolumnen mit dem Fall von Irland und Island befassen wird. In diesem Sinne appelliert er an die Leser, die Erfahrung der beiden kleinen Inseln ernst zu nehmen, aus mindestens 5 Gründen: (1) eine der wichtigsten analytischen Fragen ist, welcher Flammpunkt die nächste Stufe der anhaltenden Finankrise anzünden wird: Die führenden Kandidaten befinden sich an der Peripherie der EU und der Zusammenbruch der noch immer wachsenden chinesischen Blasen, so Black, (2) die EU ist merkwürdigerweise so beschaffen, dass sie starke und perverse Anreize für künftige Finanzkrisen setzt, (3) die EU ist merkwürdigerweise so beschaffen, dass sie in bestimmten Nationen periodisch stark kriminogen ist. Dieses kriminogene Umfeld ernährt künftige epidemische Betrügereien im Rechnungswesen („accounting control fraud“), was die führende Ursache von schweren Finanzkrisen darstellt. Massive Mengen an europäischem Geld bewegen sich, um solche Betrügereien zu finanzieren, die zu Spekulationsblasen führen und katastrophale Verluste für Banken verursachen und schwere Rezessionen hervorbringen, erläutert Black, (4) die EU ist so beschaffen, dass es extrem schwierig (und teuer) ist, zu versuchen, auf schwere Rezessionen und Schuldenkrisen zu reagieren, welche perverse Anreize erzeugen. Die EU leitet die Strategie des IWFlass-uns-eine-Finanzkrise-in eine-Krise-der Realwirtschaft“ durch, legt Black dar, (5) die Reaktion der irischen Regierung auf die Epidemie betrügerischer Kreditvergabe war exquisit so schrecklich, dass sie (a) katastrophale Folgen der De-Regulierung , De-Supervision und Vergöttlichung des Finanzwesens zeigt, und (b) zulässt, darzulegen, warum es wichtig ist, gute Analyse, Skepsis, Mut und Integrität zusammenzubündeln, um auf solche Epidemien zu reagieren.

Ferner zitiert Black einen unabhängigen Bericht, der von der irischen Regierung in Auftrag gegeben wurde. Der von Professor Karl Whelan von der University College Dublin verfasste Bericht ist jedoch auf eine mässige Aufmerksamkeit gestossen, erklärt Black. Prof. Whelan versucht, die grosse Dunkelziffer der Tatsache der irischen Bankenkrise klarzustellen, indem er von einem schrecklichen Scheitern der EU-Bankenaufsicht redet. Er erläutert, dass die europäischen „Stress-Tests“ lächerlich waren, weil sie davon ausgingen, dass kein staatlicher Zahlungsverzug stattfinden kann. Die Tests ignorierten ausserdem den Marktwert der Verluste der Banken als „investment exposure“ für Länderrisiko.

In einem OECD-Bericht wurden die Verluste als „klumpig“ bezeichnet. Grosse grenzüberschreitende Forderungen (definiert als eine Exposition von über 5% des Tier 1-Kapitals) gegenüber Griechenland gehen auf Deutschland, Frankreich und Belgien zurück, so OECD. Aufmerksame Leser werden gemerkt haben, dass die Nation, deren Banken auf grossen, nicht erfassten Verlusten auf Schulden sitzen, neben aller einzelnen PIIGS, Deutschland ist, hebt Black hervor. „Deutsche Banken handelten wie betrunken „Girls Gone Wild“, sobald sie von einem ausländischen Kreditnehmer angesprochen wurde. Deutschlands Banken waren süchtig auf Ertrag. Für eine triviale Erhöhung der Ausbeute, ohne sinnvolle Due Diligence, machten sie massiv unbesicherte Kredite an viele betrügerische Schuldner in ganz Europa, hält Black fest. Kreditnehmer, die in „control fraud“ engagiert waren, hatte grosse Attraktionen für „gone wild Banker. Sie haben typischerweiese extreme Profitabilität vermeldet und sie waren bereit, zu versprechen, höhere Zinsen  zu zahlen, was sie für Leichtgläubige kreditwürdig machte, so Black. Ihr Versprechen hatte die Zuverlässigkeit der Hersteller von „Girls Gone Wild“-Versprechen, dass die Mädchen fähig wären, eine Filmkarriere zu starten, wenn sie ihre Kleider würden fallen lassen, beschreibt Black. Wo war die deutsche Bankenaufsicht? Sie schienen zu glauben, dass, „was auch immer in Dublin passiert, in Dublin bleibt“, fasst Black zusammen.

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