Mittwoch, 8. April 2015

Geldpolitik und Finanzmarktstabilität

Die Fed behält den Satz für kurzfristige Zinsen (fed funds rate) seit Dezember 2008 nahe null, um die Wirtschaft anzukurbeln und Deflation vorzubeugen.

Die Erholung der Wirtschaft erfolgt aber relativ träge, obwohl Anzeichen sich inzwischen mehren, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt sich allmählich verbessert und das Risiko von Deflation abgenommen hat.

Dennoch bleibt die Geldpolitik, v.a. in Form von unkonventionellen Mitteln umstritten. Die Warnungen in Bezug auf die vermeintlichen Inflationsrisiken wegen der anhaltend lockeren Geldpolitik sind jedoch fadenscheinig, wie Ben Bernanke in seinem aktuellen Blog-Eintrag unterstreicht.

Die Gegner der akkommodierenden Geldpolitik richten das Augenmerk nun darauf, dass anhaltend niedrige Nominalzinsen Risiken für die Finanzstabilität bedeuten, z.B. dadurch, dass Preisblasen und Verzerrungen an den Finanzmärkten entstehen oder durch Anregung von übermässiger Kreditschöpfung.

Daraus ergibt sich die Frage, ob die Geldpolitik die Risiken für die Finanzmarktstabilität mitberücksichtigen soll oder nicht. Angesichts der jüngsten Erfahrungen muss die Stabilität des Finanzsystems ernst genommen werden. Aber die Geldpolitik als Mittel zur Bewältigung dieser Bedrohungen ist alles andere als ideal, hebt der ehemalige Fed-Präsident hervor:

(1) Geldpolitik ist ein stumpfes Werkzeug: Denn sie hat eine breite Auswirkung auf die Wirtschaft und Finanzmärkte. Der Versuch, mit Geldpolitik eine Vermögenspreisblase (asset price bubble) aufzuplatzen, hätte viele unerwünschte Nebeneffekte. 

(2) Geldpolitik kann nur so viel tun: In dem Ausmass, wie sie zur Verringerung der Risiken für die Finanzstabilität umgeleitet wird, stünde sie nicht zur Verfügung, ihre kurzfristigen Ziele Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu erlangen.

Aus diesen Gründen wiederholt Bernanke seine Argumente aus seiner Amtszeit als Fed-Chef, dass es besser sei, auf gezielte Massnahmen zu setzen, um die Finanzstabilität zu fördern, wie z.B. durch Regulierung und Aufsicht. Dazu zählt auch der „makroprudenzielle“ Ansatz zur Finanzaufsicht und Regulierung.

Die Fed hat im Sog der schwerwiegenden Konsequenzen der Finanzkrise von 2008 begonnen, die Entwicklungen im Finanzsystem als Ganzes regelmässig zu überwachsen und zu bewerten. Die Banken werden beispielsweise angehalten, mehr Eigenkapital und Cash zu halten. Mit dem regelmässigen Einsatz von „Stresstests“ wird zudem beobachtet, um die Banken stark genug sind, um schwere wirtschaftliche und finanzielle Schocks zu widerstehen.

Bernanke legt dann nahe, dass eine Kosten-Nutzen Gewichtung notwendig sei. Auch wenn die anhaltend lockere Geldpolitik den Vorteil habe, das Risiko einer zukünftigen Krise zu senken, hat sie den Nachteil, dass die Beschäftigung und die Inflation vom kurzfristigen Zielwert der Notenbank wegkommen.

Die Zentralbanken sollen Geldpolitik nicht einsetzen, um die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems zu verringern, hält Bernanke als Fazit fest.

PS: Lars Svensson hat in einer lesenserten Forschungsarbeit unterstrichen, warum eine Kosten-Nutzen Analyse der Geldpolitik wichtig  ist.

Svensson war in seiner Funktion als Vize-Präsident der schwedischen Notenbank (Riksbank) gegen die Entscheidungen der Bank, die Zinsen 2010 und 2011 mit dem Hinweis auf Besorgnisse in Sachen Finanzmarktstabilität zu erhöhen, obwohl die Inflation voraussichtlich unterhalb des Zielwertes der Riksbank blieb und die Arbeitslosigkeit deutlich auf hohem Niveau verharrte.

Svensson fand aber wenig Unterstützung für seine Position innerhalb von Risksbank, sodass er später zurücktrat. Während die Wirtschaft weiter geschrumpft ist, hat sich der Rückgang der Inflation inzwischen fortgesetzt.

Die Riksbank war gezwungen, angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit die Zinsen wieder zu senken. Der Deflationsdruck hat unterdessen so stark zugenommen, dass die schwedische Zentralbank die Zinsen auf minus 0,25% hat senken müssen. Und zugleich hat sie ein Anleihekauf-Programm auf dem offenen Markt angekündigt. Fazit: Ironischerweise hat die Riskbank mit der vorzeitigen Zinserhöhung ihr Ziel weit verfehlt und damit der gesamten Wirtschaft einen Bärendienst geleistet.


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