Der Staat
kann und soll einspringen, wichtige Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung
zu stellen, wenn die privaten Märkte versagen. In diesem Sinne nimmt sich Paul Krugman angesichts der
bevorstehenden US-Wahlen des Themas „weniger Staat oder mehr Staat?“ an:
Während die
republikanischen Präsidentschaftskandidaten ihre politische Agenda vorstellen, die ja immer Steuersenkungen für die Reichen und Kürzungen von
Sozialausgaben für Arme beinhaltet, spielt sich auf der anderen Seite des
politischen Spektrums ein echt neues Denken ab, hebt der am Graduierten Zentrum
der City University New York (CUNY)
lehrende Wirtschaftsprofessor in seiner lesenswerten Kolumne („Where Government Excels“) am Freitag in NYTimes
hervor.
Plötzlich
beschliessen viele Demokraten, mit Beltway-Orthodoxie aufzuhören, welche immer Abbau
von Sozialleistungen fordert. Stattdessen schlagen sie vor, Leistungen
der sozialen Sicherheit (Social Security)
tatsächlich zu erhöhen. Demokraten scheinen, sich endlich gegen die
Anti-Staat-Propaganda zu stellen und erkennen an, dass es einige Dinge gibt,
die der Staat besser macht als der Privatsektor, legt Krugman weiter dar.
Wie alle
fortgeschrittenen Nationen stützt sich auch Amerika hautpsächlich auf private
Märkte, um seine Bürger mit Dingen, die gebraucht werden, zu versorgern. Und
kaum jemand würde heute vorschlagen, dies zu ändern.
Doch wir
wissen auch, dass einige Dinge vom Staat durchgeführt werden müssen. Alle
Lehrbücher der Volkswirtschaft sprechen vor diesem Hintergrund von
„öffentlichen Gütern“ wie z.B. der Landesverteidigung. Sind aber öffentliche
Güter der einzige Bereich, wo der Staat den Privatsektor übertrifft? Auf keinen
Fall, unterstreicht Krugman.
Empty
Box, Graph: Prof. Paul Krugman in NYTimes
Ein
klassisches Beispiel, wo der Staat besser ist, ist die Krankenversicherung. Und
noch ein weiteres Beispiel ist die Sicherung der Renten.
In einer
idealen Welt würden 15-jährige Arbeitnehmer ihre Entscheidungen darüber, wie
viel sie für die Zeit sparen, wenn sie 70 sind, auf eine realistische
Einschätzung beruhen lassen. Und sie wären auch pfiffig genug, zu wissen, wie
sie ihre Ersparnisse investieren.
In der
realen Welt sparen aber viele der meisten arbeitenden Amerikaner viel zu wenig für ihren Ruhestand. Sie legen auch die Einsparungen schlecht an, beschreibt
der am als Mitglied des der CUNY angegliederten Luxembourg Income Study Centers forschende Ökonom.
Und in der
realen Welt ist die Social Security
ein leuchtendes Beispiel für ein System, das funktioniert. Es versorgt ältere
Amerikaner, die in ihrem ganzen Leben für einen anständigen Ruhestand schwer
gearbeitet haben. Das einzige Problem ist laut Krugman, dass der Rückgang der
Altersvorsorge und deren Ersetzung durch unzureichende 401 (k) Typ-Pläne eine
Lücke hinterlassen haben, die die Social
Security nicht füllen kann. Warum soll die soziale Sicherheit alsoe nicht
erweitert werden?
Die wahre
Ernsthaftigkeit bedeutet aber, dass wir darauf achten, was funktionert und was
nicht. Privatisierte Rentensysteme funktionieren sehr schlecht. Social Security funktioniert sehr gut.
Und wir sollten auf diesem Erfolg aufbauen, so Krugman als Fazit.
Unnötig zu
sagen, dass Vorschläge in dieser Richtung bereits nahezu hysterische Reaktionen
provoziert haben, nicht nur von rechts, sondern auch von selbsternannten
Zentristen. Der Ruf für Social Security-Kürzungen
gilt in Beltway als Abzeichen der Seriosität, ein Weg, zu zeigen, wir
staatsmännisch und störrisch man ist.
PS:
Beltway ist ein politischer Begriff in den USA, um den Umfangswinkel um die Hauptstadt
Washington zu beschreiben. Gemeint ist eine politische Elite, die über das
Schicksal des Landes befindet; Politiker, Bürokraten, Lobbysiten, Journalisten
usw.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen