Martin Wolf geht in seiner Kolumne („Strong currents that keep interest rates down“) am Dienstag in FT auf das Phänomen der Niedrigzinsen ein.
Die
ultra-niedrigen Zinsen sind nicht ein Komplott der Zentralbanken, sondern eine
Folge der kontraktiven Kräfte in der Weltwirtschaft, schreibt Chef-Kommentator
der Financial Times aus London.
Diejenigen,
die auf einen Anstieg der Zinsen wetten und einen ungeordenten Rückzug aus den
Anleihemärkten erwarten, werden bitter enttäuscht sein. Denn die historisch
niedrigen Zinsen dürften noch eine ganze Weile bestehen bleiben, so Wolf.
Als die
plausibelste Erklärung für die Niedrigzinsen nennt der britische Ökonom (1) eine
Flut von Einsparungen (glut of savings)
und (2) ein Mangel an guten Investitionsprojekten.
Was im
Artikel leider nicht ausschliesslich erwähnt wird, sind Nullzinsgrenze (zero lower bound) und Fiscal Austerity. Für die Austeritätspolitik ist v.a. die angebotsorientierte
Wirtschaftspolitik (supply-side economics)
verantwortlich, die über dem Euro-Raum wie ein Damoklesschwert hängt.
USA versus
Euro-Raum, Realzinsen (gemessen an inflationsgeschützten Staatsanleihen) und
Inflationserwartungen, Graph: Martin
Wolf in FT
Die
Ideologie stammt aus der Österreichischen Schule (Austrian economics): Das Motto lautet: Der Staat ist das Problem –
Der Markt ist die Lösung. Austrians à
la Friedrich Hayek, Ludwig von Mises und Josep Schumpeter vertreten die Meinung,
dass Liberalismus sich am besten nicht durch mehr Umverteilung und
Staatsverwaltung, sondern durch den kompletten Rückzug des Staates aus seiner
Rolle in der Wirtschaft verteidigen lässt.
Die Doktrin
von Liquidationism warnt vor jeglichen Massnahmen, die die „Arbeit“ von Rezessionen
und/oder Depression verhindern könnten, die Fäulnis aus dem System zu reinigen.
Das heisst, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben nicht notwendig seien, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln, weil
die Erholung der Wirtschaft von sich aus käme. Das Leiden in einer Depression
ist demnach gut und etwas Natürliches. Nichts sollte dagegen unternommen
werden.
Wenn die
Arbeitsmärkte oben darauf „liberalisiert“ werden, durch Lohnmoderation und
Sozialabbau, kann man sich nicht wundern, wenn die Einkommenssituation der
einfachen Bürgen sich verschlechtert und die private Nachfrage bachab geht, und
Unternehmen wegen Absatzeinbussen nicht investieren.
Denn
fallende Preise schmälern die Gewinnerwartungen und fördern das Hamstern. Was
besonders schlimm ist, dass sich die reale Last der Schulden erhöht. Die
Verhinderung von Disinflation bzw. Deflation erfordert daher öffentliche
Investitionen. Dies bedeutet der Verzicht auf die Austeritätspolitik. Die
Politik ist aber dazu nicht bereit.
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