Walmart,
Amerikas grösster Arbeitgeber hat angekündigt, die Löhne für eine halbe Million
Arbeitnehmer zu erhöhen. Der Lohnanstieg für viele Arbeitnehmer wird gering
sein. Aber die Ankündigung ist eine grosse Sache, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Walmarts’s Visible Hand“) am Montag in NYTimes.
Aus zwei
Gründen, erklärt der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor: (1)
Es gibt Spillovers (d.h. Übertragungseffekte).
Walmart ist so gross, dass die Massnahme wahrscheinlich zu Lohnerhöhungen für
Millionen von Arbeitnehmern, die von anderen Unternehmen beschäftigt werden, beitragen
wird. (2) Was wohl viel wichtiger ist: Walmart teilt uns mit, dass Niedriglöhne
politisch gewollt sind, und wir uns anders entscheiden können und sollten.
Krugman
liefert ein paar Informationen zum Hintergrund: Konservative argumentierten
i.d.R., mit Unterstützung von vielen Ökonomen, dass der Arbeitsmarkt so funktioniert
wie der Markt für z.B. Kartoffeln. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage gelte
für das Niveau der Löhne, und die unsichtbare Hand des Marktes bestrafe jeden, der
gegen dieses Gesetz kämpfe, lautet das Konzept.
Insbesondere
Mindestlohn, so wird weiter behauptet, reduziere die Beschäftigung und erzeuge
ein Überangebot an Arbeit. Der Druck auf die Arbeitgeber, mehr Lohn zu zahlen, oder
Arbeitnehmer zu fördern, sich in Gewerkschaften zu organisieren, entfalte die
gleiche Wirkung.
Aber
Arbeitsökonomen haben diese Ansicht längst in Frage gestellt, legt Krugman dar:
Arbeitnehmer sind Menschen. Löhne sind nicht vergleichbar mit dem Preis für
z.B. Butter. Und wie die Arbeiter entlöhnt werden, hängt viel mehr sowohl von
den gesellschaftlichen Kräften als auch von der politischen Macht ab als von
dem einfachen Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, erläutert der im (dem CUNY
angegliederten) Luxembourg Income Study
Center forschende Träger des Wirtschaftsnobelpreises.
Walmart hat nun
die Bereitschaft unterstrichen, Löhne zu erhöhen. Und die Rechtfertigung
für den Schritt reflektiert, was die Kritiker der Niedriglohnpolitik von
Walmarkt seit Jahren sagen: Eine bessere Entlohnung der Arbeitnehmer verringert
Fluktuationen und verbessert die Arbeitsmoral und sorgt für höhere
Produktivität.
Was dies
wiederum bedeutet, ist, dass die Bewerkstelligung einer wesentlichen
Gehaltserhöhung für zig Millionen Amerikaner fast sicher viel leichter wäre als
die herkömmliche Meinung es meint.
Im Gegensatz
dazu, die schwer angeschlagene Wirtschaft aus Angst davor, dass wir plötzlich
als Weimar Deutschland enden, weiter verweilen zu lassen, führt die Erhöhung
des Mindestlohns um einen erheblichen Betrag dazu, dass die Arbeitnehmer sich
einfacher organisieren, und ihre Verhandlungsmacht dadurch verbessert wird. Der
Einsatz von Geld- und Fiskalpolitik bringt uns näher an die Vollbeschäftigung,
argumentiert Krugman weiter.
Es ist nicht
schwer, das alles zu implementieren. Und wenn wir es schaffen könnten, würden
wird uns in Richtung der Art von Gesellschaft bewegen, in der zu leben, die
meisten von uns sich wünschen.
Der Punkt
ist, dass extreme Ungleichheit und das auseinander fallende Glück der
amerikanischen Arbeitnehmer eine politische Entscheidung ist, nicht das von
Göttern des Marktes auferlegte Schicksal. Und wir können es ändern, wenn wir es
wollen, so Krugman als Fazit.
PS:
Dass der Arbeitsmarkt nicht wie ein normaler Markt funktioniert, weil am
Arbeitsmarkt, anders als am Kartoffelmarkt, Angebot und Nachfrage nicht
unabhängig voneinander sein können, erklärt Heiner Flassbeck hier in einem älteren Beitrag, unbedingt lesenswert.
Hier ist ein
weiterer, aktueller Link, wo Flassbeck die hier besprochene Kolumne von Krugman kritisch würdigt
und begrüsst.
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