Die
Niedrigzinsen machen nicht nur langfristige Geldanlagen wenig attraktiv,
sondern verhindern auch Wirtschaftswachstum, sagt Bill Gross, der amerikanische Fondsmanager.
Das heisst,
dass die Niedrigzinspolitik demnach (1) eine Gefahr für langfristige Investoren
wie Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen darstelle, und (2) die Sparer,
die um die Erträge ihrer Ersparnisse gebracht würden, in eine Notlage geraten
lasse. Schliesslich lebe Kapitalismus von der Aussicht auf eine Rendite.
Das ist
natürlich völlig aus der Luft gegriffen.
Es ist nicht die Geldpolitik der Notenbanken, sondern die von einer
bestimmten Weltanschauung geprägte Wirtschaftspolitik, die Unsicherheiten
schafft und Vermögenspreis-Blasen fördert.
Wer hat eine
Welt geschaffen, in der niedrige Zinsen nur zu Spekulation führen und nicht zu
Investitionen? Wer hat denn die Regulierungen beseitigt, um den Banken den Weg
in die Finanzmärkte freizumachen? Waren das die Notenbanken oder waren es die
Parlamente? Wer hat die Arbeitsmärkte „liberalisiert“, so dass heute niedrige
Zinsen keine positiven Einkommens- und Nachfrageerwartungen schaffen können? So
lautet die lesenswerte Stellungnahme von Heiner
Flassbeck dazu in seinem Blog.
Investoren
haben in Staatsanleihen mit Negativ-Renditen v.a. in Europa inzwischen mehr als
2‘000 Mrd. USD gesteckt, Graph: FT
Es ist die
Wirtschaft, nicht die Niedrigzinsen, die verzerrend wirkt. Menschen wollen mehr
(als sonst) sparen. Wenn nicht investiert wird, fallen die Zinsen, schreibt Matt O’Brien
in einem lesenswerten Artikel in WaPo. Die Fed hat zwar die kurzfristigen
Zinsen so viel wie möglich gesenkt und drückt die langfristigen Zinsen durch Ankauf von Anleihen.
Aber es ist eine Tatsache, dass die Zinsen nicht unter Null gesentk werden können.
Mit der
QE-Politik wollen die Notenbanken genau dies nachholen. Das heisst, dass die
Notenbanken versuchen, das Problem der Nullzinsgrenze (zero lower bound) loszuwerden.
Die EZB bemüht sich zur Zeit, mit dem Kauf von Anleihen, die Verzerrung, die aus der Nullzinsgrenze ausgeht,
auszuloten.
Der Fehler,
den die berühmten Wall Street Ökonomen machen, betrifft hingegen die
Kausalität: sie scheinen zu denken, dass niedrige Zinsen die Wirtschaft vermasseln.
Die Niedrigzinsen sind aber da, um die schwer angeschlagene Wirtschaft wieder
auf den Vordermann zu bringen. Wenn sich die Niedrigzinsen in der Seele der
Verbraucher und Unternehmen tief verwurzeln, wird es für die Politik schwer,
sie von dort wieder zu entfernen. Denn es kommt auf die Erwartungen an. Und es
sind die Erwartungen von Niedriginflation, die die Niedrigzinsen rechtfertigen,
nicht die Niedrigzinsen selbst.
Die modernen
Notenbanken bemühen sich heute deshalb (mittlerweile seit sechs Jahren) mit
Hilfe von unkonventionellen Instrumenten (wie z.B.
forward guidance) auf die Erwartungen Einfluss zu nehmen. Warum wird aber Fiscal Stimulus nicht eingesetzt, wenn die Geldpolitik auf der Nullzinsgrenze an Zugkraft verliert und die Notenbanken trotzdem daran festhalten? Das ist eben das Ergebnis der dogmatischen Weltanschauung in Europa, die wider besseren Wissens auf Fiscal Austerity setzt, während Human Capital in Millionenhöhe verschwendet wird.
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