Samstag, 14. März 2015

Warum haben Ökonomen die Krise nicht kommen sehen?

Eine Frage, die die Öffentlichkeit immer wieder beschäftigt, ist, warum die meisten Volkswirte die grösste Finanzkrise seit den 1930er Jahren nicht vorhergesehen haben. Sogar die englische Königin hat die Frage gestellt.

Es gab eine erhebliche Anzahl von Ökonomen, die die Grundlagen der Makroökonomie aus dem Fenster warfen. Lassen wir sie aussen vor und konzentrieren wir uns auf diejenigen, die sich mehr oder weniger an den Standardwerken der Makroökonomie festhielten, wie Paul Krugman in seinem lesenswerten Blog beschreibt.

Wie haben sie es gehabt? Nur wenige sahen die Krise kommen, hauptsächlich aus zwei Gründen:

(1) Die meisten Ökonomen haben es nicht verstanden, wie das Wachstum des Shadow Banking Systems (ohne Einlagensicherung) financial panics altmodischer Art hätten schaffen können.

(2) Die meisten Ökonomen haben der Verschuldung der privaten Haushalte kaum Bedeutung beigemessen.

Das sind Fehlschläge, die die Beobachtung betreffen.

Es gab dazu aber auch grundlegende konzeptionelle Probleme:


(3) Die merkliche Hälfte der Berufsökonomen hat sich rasch davon vereinnahmen lassen (Trugschluss der Verallgemeinerung),

(4) Die grosse Zahl der Ökonomen hat die Grundlagen der Makroökonomie missachtet.

Wie sind die Ökonomen aber danach mit der anhaltenden Krise umgegangen?
Die Theorie der Liquiditätsfalle kam zum Vorschein und die vernünftige Hälfte der Ökonomen machte, gestützt darauf, erstaunliche Vorhersagen:

(a) Die massive Ausweitung der Zentralbank-Bilanzen ist nicht inflationär,

(b) Hohe Haushaltsdefizite führen nicht zu einem massiven Anstieg der Zinsen, wenn die Nominalzinsen nahe null liegen (zero lower bound),

(c) Austeritätspolitik ist in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft unvorteilhaft und verschlimmert die Krise mehr als in normalen Zeiten.

Das waren aber laut Krugman keine offensichtlichen Aussagen. Denn viele Leute, die denken, dass sie die Volkswirtschaft gut verstehen, hielten sie für absurd: Wer soll all die Staatsanleihen kaufen? Wie kann man Geld drucken und gleichzeitig erwarten, dass es nicht zu Inflation kommt? Doch die Vertreter der Theorie der Liquiditätsfalle lagen richtig. Und sechs Jahre nach dem Ausbruch der Krise steht fest, dass sie einen grossen Erfolg verbuchen, und zwar basierend auf Hicks’scher Makroökonomie.

Über die Frage hinaus warum die Mehrzahl der Ökonomen versagt hat, ist es wichtig, auch festzuhalten, im Vergleich zu welchen Wirtschaftsakteuren die Experten der Wirtschaftswissenschaft mit Prognosen und Beobachtungen gescheitert sind?

Simon Wren-Lewis nennt sie in seinem Blog die „Hohepriester“ (high priests); Menschen, die angeblich nahe an den Märkten sind und die sich aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und Intuition gegenüber streberhaften Ökonomen mit ihren kleinen Modellen überlegen fühlen.

Wie sind sie mit der Krise umgegangen? Die vergangenen sechs Jahren haben sie damit verbracht, zu erklären, dass wir uns zu Griechenland verwandeln, falls wir das Haushaltsdefizit nicht senken, weil der Markt uns sonst aus Mangel an Vertrauen hart bestrafen würde.

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