Freitag, 13. März 2015

Verzweigung der Renditen in der Eurozone

Im Ergebnis einer sowohl theoretischen als auch quantitativen Analyse kommen die Autoren einer aktuellen Studie zum Schluss, dass eine strenge Koordinierung der Fiskal-Politik in einer Währungsunion notwendig ist. Das angewandte Modell legt nahe, dass eine No-Bailout-Politik in einer Währungsunion nicht glaubwürdig sein kann.

Die Verfasser der Studie unterstreichen zugleich auch die ökonomische Bedeutung der Aussagen von Politikern und Entscheidungsträgern in einer Währungsunion. In der Tat ist hier an die Wortwahl von Mario Draghi, dem EZB-Präsidenten am 26. Juli 2012 zu erinnern: „The ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro“.

Wie in der folgenden Abbildung deutlich zu sehen ist, markiert das zitierte Versprechen von Draghi den Wendepunkt der Spreads der Staatsanleihen nach dem Höchststand der Weggabelung im Sog der europäischen Krise nach 2008.


Entwicklung der Spreads der Rendite für Staatsanleihen in der Eurozone, Graph: Michal Kobielarz, Burak Uras, Sylvester Eijffinger, in voxeu: “Sovereing debt, bailouts and contagion in the Eurozone


Das Phänomen des signifikanten Rückgangs der Renditen in einer Bilanzrezession (balance sheet recession) betrachtet Richard Koo als einen wesentlichen Bestandteil des sich selbst korrigierenden Mechanismus (self-corrective mechanism), den alle Volkswirtschaften vorweisen können.

Die EWU bildet jedoch eine Ausnahme, weil institutionelle Investoren, die denken, dass das Haushaltsdefizit der eigenen Landesregierung zu hoch sei, die Möglichkeit haben, die Staatsanleihen eines anderen Landes zu kaufen, da alle Mitglieder der Währungsunion über dieselbe Währung verfügen und es daher kein Wechselkursrisiko gibt.

Das Problem ist, dass das Augenmerk wegen der restriktiven Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakt auf Haushaltskonsolidierung statt auf Fiskal-Stimulus gerichtet wird. Die Grössenordnung der Ersparnisbildung im Privatsektor wird ignoriert. Und die Grössenordnung des Haushaltsdefizits rückt immer mehr in den Mittelpunkt.

Dabei bietet der steile Rückgang der Renditen Unterstützung für Fiscal Stimulus und liefert einen Selbstkorrektur-Mechanismus in einer Bilanz-Rezession. Die Tatsache, dass der Selbstkorrektur-Mechanismus in der EWU nicht funktioniert ist, ein Beleg für die strukturelle Schwachstelle der Europäischen Union. 

Dass die Ersparnisbildung z.B. in Irland, Spanien und Portugal deutlich höher ist als das Haushaltsdefizit, deutet darauf hin, dass die Staatsausgaben zu wenig sind. Die "Deflationslücke" (deflationary gap) gleicht daher in einer Bilanz-Rezession der nicht geliehenen Ersparnisbildung (unborrowed savings) im Privatsektor. Man denke daran, dass die Nominalzinsen nahe null (zero lower bound) liegen.

Fazit: Wenn einer spart, muss ein anderer Schulden machen. Eine Volkswirtschaft kann nicht als Ganzes Geld sparen. Jemand muss das angesparte Geld aufnehmen, d.h. sich verschulden, um zu investieren. Da der Privatsektor keine Verwendung für die Ersparnisse findet, entfällt die Aufgabe auf die öffentliche Hand, die als die einzige Kreditnehmerin im Spiel bleibt.


Keine Kommentare: