Samstag, 7. März 2015

Nullzinsgrenze: Kosten für Lagerung und Sicherung

Wenn die Nominalzinsen weiter fallen, dann werden wir zu den Anfängen der Goldschmieden zurückkehren, schreiben Cecchetti und Schoenholtz in ihrem gemeinsam verwalteten Blog.

Die Goldschmiede waren die Vorläufer der modernen Bankiers, schreiben die Autoren weiter. Um das in ihren Tresoren hinterlegte Gold zu bescheinigen, stellten sie Quittungen aus. Vielleicht war es sogar die Entstehung des fractional reserve banking Systems, da die Goldschmiede einen Teil des Golds verwendeten, um Kredite zu geben.

Mittlerweile hat eine Reihe von Banken den Zinssatz für Einlagen unter Null gesetzt:

Die SNB hat am 15. Januar 2015 den Zins für Guthaben auf den Girokonten auf -0,75% gesenkt.

Die dänische Notenbank hat im Februar 2015 den Zins für Bankeinlagen bei der Notenbank um weitere 0,25% auf minus 0,75% reduziert.

Und die EZB hat die Einlagefazilität am 23. Januar 2015 auf minus 0,20% gedruckt.

Es sieht so aus, wie wenn die Kreditgeber die Kreditnehmer entschädigen würden, in einem deflationären Umfeld Kredit aufzunehmen. Gibt es also keine Nullzins-Grenze (zero lower bound) für Nominalzinsen?

Während die Debatte darüber anhält, vertreten Cecchetti und Schoenholtz die Meinung, dass wir wahrscheinlich die nachhaltige Zinsuntergrenze erreicht hätten: Würden die Negativ-Zinsen weiter fallen, wäre es kontraproduktiv.

Warum? Weil die Banken i.d.R. von einem „spread business“ leben, indem sie darauf hinaus arbeiten, höhere Erträge auf ihre Vermögenswerte zu erzielen als sie für ihre Verbindlichkeiten zahlen. Das heisst, dass sie von Kreditnehmern höhere Zinssätze anfordern als die Zinssätze, die sie auf die Einlagen entrichten. Das ist der sog. Aufschlag (d.h. spread).

Das Spread-Geschäft hängt i.d.R. nicht vom Zins-Niveau ab. Es wäre daher naiv zu glauben, dass die Bank mit einer Zinsspanne von 3%, sollte die Rendite der Anlagen minus 1% betragen, für die Einlagen minus 4% anbieten würde. Die Zinsmarge der Banken besteht aus verschiedenen Teilen. Aus Platzgründen gehen wir hier darauf nicht ein.

Wie würden wir uns aber verhalten, wenn unsere Bank uns für das Privileg eines Girokontos jährlich mit 4% belasten würde? Da es unpraktisch wäre, auf gewisse Dienstleistungen (z.B. Check schreiben, Erledigung von automatisierten Zahlungen, Internet-Zugang usw.) via Bank zu verzichten, wären wir bestimmt bereit, gewisse Kosten in Höhe von z.B. 0,5% in Kauf zu nehmen, was am oberen Ende der Kosten bei Money Market Funds liegt. Für die verbliebenen 3,5% würden aber viele Haushalte und Unternehmen versuchen, Wege zu finden, um diese Kosten zu vermeiden.

Im Fall von negativen Einlagenzinsen ist Bargeld die Alternative, die bekanntlich einen Null-Nominalzins trägt. Nicht alle können sich aber die Kosten für die Lagerung und Sicherheit von grossen Mengen an Bargeld leisten. Zumal die Angelegenheit für die meisten Menschen einfach zu teuer ist. Die Banken könnten aber wie die Goldschmiede von einst Kellergewölbe zur Verfügung stellen, d.h. für die Vermietung.

Nehmen wir an, dass die Banken den Kunden damit die Möglichkeit böten, die Depositenkonten in „Barreserve Konten“ (CRAs: cash reserve accounts)* umzu gestalten, wo lediglich Bargeld gebunkert würde, wie die Autoren weiter beschreiben.

Die ganze Entwicklung führt uns zum Schluss, dass die nachhaltige Nullzinsgrenze (für Nominalzinsen) den Grenzkosten (Marginalkosten) der Bereitstellung von CRAs entsprechen müsste. Das heisst die Kosten von Lagerung und Sicherung von Bargeld und das „Herumschleppen“ von Bargeld. Die Art von Geschäft mag sogar einige signifikante Skalenerträge aufweisen. Die Autoren schätzen die CRA Kosten daher auf rund 0,50% (also deutlich unter 1%).

Das Fazit lautet deshalb, dass es keine Nullzinsgrenze gibt, sondern eine „x-Minus (in diesem Beispiel -0,50%) Nullzinsgrenze“ für Nominalzinsen. Unter diesem Niveau würden sich Sparer an die CRAs wenden. Die Liquiditätsvorteile von Bankeinlagen im Vergleich zum Bargeld in einem Tresorraum (Schatzkammer) sind m.a.W. irrelevant. Entscheidend sind die Kosten für Lagerung und Sicherung.


(*) Ähnlich wie sweep accounts, die die Banken in den 1990er Jahren geschaffen hatten.

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