Donnerstag, 21. November 2013

Euro-Raum zwischen Deflation und Stagnation

Die Inflation ist im Euro-Raum niedrig. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Wirtschaft in eine Deflation gerät. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf einem hohen Niveau (12,2%). Was sagt das aus? Eine vernünftige Antwort nach dem Lehrbuch würde lauten, dass die Geldpolitik zu straff ist, m.a.W. nicht locker genug.

Was sagt Jens Weidmann dazu? Der Präsident der deutschen Bundesbank spricht sich in einem aktuellen Interview gegen weitere Zinssenkungen. Zur Erinnerung: Die EZB hat vergangene Woche die Zinsen auf 0,25% gesenkt. Weidmann hatte der Zinssenkung nicht zugestimmt.

Paul Krugman fühlt sich dadurch „alarmiert“, wie er in seinem Blog zum Ausdruck bringt. Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hält Weidmanns Bemerkungen für einen „reinen Glauben an die erlösende Kraft der Schmerzen, die andere Leute erleiden, um seiner selbst willen zu rechtfertigen.

Das ist eine ziemlich klare Aussage, die darauf hindeutet, wie die wahren Ursachen der Krise im Euro-Raum durch Verfechter der Austeritätspolitik in Europa verdreht werden: Zu hohe Staatsausgaben hätten angeblich zu Schuldenkrise geführt. Die Austerians halten am Wettbewerb als Dogma fest, koste es was es wolle. Paul De Grauwe spricht sogar von „ugly nationalism among German economists“.

Da die angeschlagenen Länder an der EU-Peripherie keine eigene Währung haben, werden sie gezwungen, die Kosten und Preise via internal devaluation nach unten anzupassen. Das heisst eine lange Phase von Massenarbeitslosigkeit.

Im Angesicht der Lohnrigiditäten ist es aussichtslos, auf weitere Senkung der Löhne zu setzen. Deshalb ist es angebracht, die Löhne in Spanien mit den Löhnen in Deutschland so in Einklang zu bringen, dass die Löhne in Deutschland steigen.

Deutschland hat seine eigene internal devaluation von 2001 bis 2007 durch Inflation im Ausland erlebt, nicht durch Deflation im Inland. Da die Inflation im Euro-Raum heute deutlich unter die Zielmarke von 2% gesunken ist, steigt die reale Last der Schulden in den Schuldnerländern, was den Anpassungsprozess zusätzlich erschwert. In diesem Marktumfeld (depression) weniger Geld auszugeben ist deshalb keine Lösung. Die „zu niedrige“ Inflation macht die Schuldenproblematik schlimmer (debt deflation). Sich gegen weitere Lockerung der Geldpolitik (in welcher Form auch immer) zu stellen, hat fatale Folgen für Millionen von Menschen in Not.

Mario Draghi kann die anhaltende harsche Kritik aus Deutschland an der Geldpolitik der EZB inzwischen anscheinend nicht mehr ertragen. Der EZB-Chef sagte heute laut FT: "Wir sind nicht Deutsche. Wir sind Europäer und agieren für die Eurozone als Ganzes". 


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