Die Inflation ist im Euro-Raum niedrig. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Wirtschaft in eine Deflation gerät. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf einem hohen Niveau (12,2%). Was sagt das aus? Eine
vernünftige Antwort nach dem Lehrbuch würde lauten, dass die Geldpolitik zu straff
ist, m.a.W. nicht locker genug.
Was sagt Jens Weidmann dazu? Der Präsident der deutschen Bundesbank spricht sich in
einem aktuellen Interview gegen weitere Zinssenkungen. Zur Erinnerung: Die EZB hat vergangene
Woche die Zinsen auf 0,25% gesenkt. Weidmann hatte der Zinssenkung nicht
zugestimmt.
Paul Krugman fühlt sich dadurch „alarmiert“, wie er in seinem Blog zum Ausdruck
bringt. Der an der Princeton University
lehrende Wirtschaftsprofessor hält Weidmanns Bemerkungen für einen „reinen
Glauben an die erlösende Kraft der Schmerzen, die andere Leute erleiden, um
seiner selbst willen zu rechtfertigen.
Das ist eine ziemlich klare Aussage,
die darauf hindeutet, wie die wahren Ursachen der Krise im Euro-Raum durch Verfechter der Austeritätspolitik in Europa verdreht
werden: Zu hohe Staatsausgaben hätten angeblich zu Schuldenkrise geführt. Die
Austerians halten am Wettbewerb als Dogma fest, koste es was es wolle. Paul De Grauwe spricht sogar von „ugly nationalism among
German economists“.
Da die angeschlagenen Länder an
der EU-Peripherie keine eigene Währung haben, werden sie gezwungen, die Kosten
und Preise via internal devaluation nach unten anzupassen. Das heisst eine lange Phase
von Massenarbeitslosigkeit.
Im Angesicht der Lohnrigiditäten ist
es aussichtslos, auf weitere Senkung der Löhne zu setzen. Deshalb ist es angebracht, die Löhne in Spanien mit den Löhnen in Deutschland so in Einklang zu
bringen, dass die Löhne in Deutschland steigen.
Deutschland hat seine eigene internal devaluation von 2001 bis 2007
durch Inflation im Ausland erlebt, nicht durch Deflation im Inland. Da die
Inflation im Euro-Raum heute deutlich unter die Zielmarke von 2% gesunken ist,
steigt die reale Last der Schulden in den Schuldnerländern, was den
Anpassungsprozess zusätzlich erschwert. In diesem Marktumfeld (depression) weniger Geld auszugeben ist
deshalb keine Lösung. Die „zu niedrige“ Inflation macht die Schuldenproblematik schlimmer
(debt deflation). Sich gegen weitere
Lockerung der Geldpolitik (in welcher Form auch immer) zu stellen, hat fatale
Folgen für Millionen von Menschen in Not.
Mario Draghi kann die anhaltende harsche Kritik aus Deutschland an der Geldpolitik der EZB inzwischen anscheinend nicht mehr ertragen. Der EZB-Chef sagte heute laut FT: "Wir sind nicht Deutsche. Wir sind Europäer und agieren für die Eurozone als Ganzes".
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