Daniel Gros und Thomas Mayer schlagen
in einem neulich in der FAZ veröffentlichten ordo-liberal
durchtränkten Artikel („Ein
Vermögensbildungsfonds für Deutschland“) vor, mit den Überschüssen aus der
Leistungsbilanz einen Staatsfonds in Deutschland zu errichten.
Die Idee mag auf den ersten Blick
attraktiv erscheinen. Aber sie hilft nicht, die seit langem bestehenden
Ungleichgewichte im Euro-Raum zu bekämpfen, geschweige denn den gegenwärtigen
Kurs der Geldpolitik der EZB zu erleichtern.
Genaugenommen stützen sich die
Autoren auf das Interbankenzahlungssystem Target 2 ab, wonach Deutschland 561
Mrd. EUR an die EZB zur Weiterleitung an die Defizitländer verliehen hat. Die
mit deutscher Staatsgarantie vergebenen Kredite seien der Natur nach ein
Staatsfonds, behaupten die Autoren.
Das Hauptmotiv der Autoren ist
jedoch, „die deutschen Sparer vor der schleichenden Enteignung durch Inflation
zu schützen“, obwohl sie selber das Faktum ansprechen, dass die Deflation
derzeit eine grössere Gefahr darstellt als die Inflation. Es ist also die alte
Leier.
Gros und Mayer hatten bereits im
Sommer 2012 in einem Artikel („Eurozone needs a German
sovereign wealth fund“) in FT hervorgehoben, dass der deutsche
Staatsfonds den Sparern als ein sicheres Medium einen positiven Realzins
garantieren kann, mit der Möglichkeit, die Kapitalerträge wiederanzulegen.
Die EZB biete deutschen Banken
einen Nominalzins von Null, was laut Autoren eine negative Rendite für deutsche
Sparer bedeute. Ausserdem bietet die EZB deutschen Sparern keine langfristige
Anlagemöglichkeit an, unterstreichen die Autoren mit Nachdruck, als ob die EZB
allein für die niedrigen Zinsen verantwortlich wäre.
Die zero lower bound ist mittlerweile seit beinahe fünf Jahren die
Situation, in der die grössten Volkswirtschaften stecken. Die Leitzinsen der
führenden Notenbanken sehen wie folgt aus. Fed: 0-0,25%, EZB: 0,25%, BoJ:
0-0,10%, SNB: 0-0,25%, BoE: 0,50%
Arbeitslosigkeit und Entlohnung
in Europa, Graph: Prof. Heiner
Flassbeck in flassbeckeconomics
Die Autoren erwecken
unrealistisch hohe Erwartungen. Vor allem der Eindruck, den sie hinterlassen,
als ob die deutschen Sparer ein Anrecht auf hohe positive Verzinsung hätten,
ist absurd. Die niedrigen Zinsen sind eine Folge der ökonomischen und finanziellen Umstände
bzw. eine Folge der vom Privatsektor ausgelösten schweren Finanzkrise mit
fatalen Auswirkungen auf Millionen von unbeteiligten Menschen. Niemand hindert
die deutschen Banken daran, für deutsche Sparer Anleihen mit hohen Zinsen zu
offerieren.
Gros und Mayer deuten als Vorbild
auf die Staatsfonds (SWF: Sovereign Wealth Funds) von Norwegen und Singapur hin.
Der Staatsfonds Norwegens investiert aber überall auf der Welt, nur im eigenen
Land nicht, um Verzerrungen in den Geld- und Kapitalmärkten im Inland vorzubeugen.
Die aus dem Aussenhandel
eingenommenen Mittel soll der Fonds langfristige in Beteiligungen an
Unternehmen und öffentlicher Infrastruktur im In- und Ausland anlegen, so die Autoren
weiter.
Investitionen im Ausland
unterliegen aber einem Wechselkursrisiko, unabhängig davon, ob Staatsanleihen,
Aktien oder Immobilien gekauft werden sollen. Ausserdem müssten die Märkte, wo
der deutsche Staatsfonds Investitionen tätigen will, über ausreichend hohe
Liquidität verfügen.
Strategische Beteiligungen an
Projekten im Ausland erfordern im Vorfeld Verhandlungen auf staatlicher Ebene.
Wenn der Staatsfonds Deutschlands zugleich auch im Ausland anlegen soll, dann
stellt sich unmittelbar die Frage des Interessenkonflikts. Wie kann der deutsche
Staatsfonds ohne weiteres in ausländische Unternehmen investieren, die
möglicherweise mit deutschen Unternehmen in direkter Konkurrenz stehen?
Der Leistungsbilanz Deutschlands
belief sich 2012 auf 180 Mrd. EUR (rund 7% des BIP). Eine störungsfreie Umschichtung solcher Beträge ist in den Märkten selten
gewährleistet.
Der enorme Überschuss in der
deutschen Leistungsbilanz ist der Ausdruck der makroökonomischen
Ungleichgewichte in der Währungsunion, als Folge der moderaten Lohnpolitik
Berlins. Die Bewirtschaftung der Devisen in einem Staatsfonds schafft daher keine
Abhilfe, die Ungleichgewichte abzubauen. Die Autoren scheinen Wert darauf zu
legen, mit dem Überschuss eher eine Anlagepolitik zu betreiben, was die führenden Banken erfreuen würde, die
aufgrund der potenziellen Transaktionen in mehreren Millionen Höhe händeringend
Courtage kassieren dürften.
Die Staatsfonds legen nicht in erster Linie die Liquidität einfach diversifiziert an, sondern sie streben eine hohe Rendite an. Der Ertrag als Kriterium der Anlagepolitik des deutschen Staatsfonds würde bedeuten, dass Deutschland mit Überschüssen aus Ungleichgewichten im Aussenhandel noch mehr Überschüsse erwirtschaftet.
Der Staatsfonds ist nicht der Weg, der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Gründung eines Staatsfonds fördert die Geldpolitik nicht, die Folgen der Euro-Krise zu mildern. Nur die Bereitschaft der EZB, als lender of last resort zu agieren, ist entscheidend.
Fakt ist, dass Deutschland nicht über die Qualität, sondern über den Preis konkurriert. Sonst wären die Löhne nicht so niedrig. Würden die Gehälter im öffentlichen Sektor erhöht, würde der private Konsum angekurbelt und Investitionen von Unternehmen wiederbelebt.
Es geht beim Vorschlag von Gros und Mayer nicht darum „weniger Markt, mehr Staat“, wie das Wort „Staat“ im Vermögensbildungsfonds suggerieren mag. Ganz im Gegenteil. Die Autoren beschuldigen den öffentlichen Sektor, die Ersparnisse der Bürger nicht effizient anzulegen. Deutschland braucht Wachstumsstrategie, mit Löhnen, die nicht hinter Produktivitätszuwächsen zurückbleiben. Es besteht kein Bedarf für einen Staatsfonds.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen