Montag, 18. November 2013

Wettbewerb ist kein Strassenkampf

Die Finanzkrise, die die Great Recession ausgelöst hat, ist per Definition vor vier Jahren zu Ende gegangen. Dennoch bleibt die Depression auf beiden Seiten des Atlantiks bestehen, mit schweren Folgen für Millionen von Menschen.

Die makrokonomischen Ungleichgewichte rücken vor diesem Hintergrund immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Die anhaltend hohen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschland stehen besonders geprägt in der Kritik. Die EU-Kommission hat inzwischen sogar eine Prüfung der deutschen Aussenhandelspolitik angekündigt.

Deutschland reagiert auf die Kritik aus dem Ausland empört, zumal Berlin wegen der Abhör-Affäre im Vorfeld bereits gereizt war. „Wir sind ein starkes Exportland und stolz darauf“, antworten Politiker darauf. Der Sachverständigenrat nimmt zum Leistungsbilanzsaldo im Gutachen vom 13. November 2013 nicht einmal direkt Stellung.

Die Bundesregierung hat bereits im November 2011 die EU-Kommission aufgefordert, bei der Beurteilung von makroökonomischen Ungleichgewichten die Überschussländer zu ignorieren. Begründung: Der Rest der Eurozone soll seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Das ist aber nicht möglich, weil Wettbewerbsfähigkeit ein relatives Konzept ist. Die Ausgaben des einen sind die Einahmen des anderen. Deutschland hat gewaltige Überschüsse und die Peripherie gewaltige Defizite. Das kann nicht funktionieren.

Die Unternehmer denken einzelwirtschaftlich. Das ist in Ordnung. Das einzelwirtschaftliche Denken ist aber für die Gesamtheit falsch. Der Wettbewerb unter Nationen hat nichts mit dem sinnvollen Wettbewerb unter Unternehmen zu tun, wie Heiner Flassbeck argumentiert. Das Rattenrennen der Nationen (rat race) kann nur schaden.

Die Weltwirtschaft ist keine Sportveranstaltung. In der Wirtschaft geht es um Produktion, Tausch und Konsum, wie Anat Admati und Martin Hellwig im unbedingt lesenswerten Buch „Des Bankers Neue Kleider“ erklären. Der Eindruck, den die Politiker hinterlassen, als ob die Länder im Wettbewerb mit anderen stehen würde, ist falsch. Die entscheidende Frage ist, ob die Ressourcen (v.a. die Menschen und ihre Arbeit) auf möglichst produktive Weise eingesetzt werden. Im Kapitel 12 des oben zitierten Buches wird sachlich aufgezeigt, warum die Vorstellung, sich auf Exporterfolge stolz zu zeigen, grundsätzlich fehlerhaft ist.

Deutschland exportiert unglaublich viel und bleibt auf dem Geld sitzen. Die Netto-Investitionen des deutschen Staates sind derzeit negativ. Es sind im Übrigen v.a. die grossen Unternehmen, die von dem fehlgeleiteten merkantilistischen deutschen Wirtschaftsmodell profitieren.


Keine Kommentare: