Für diejenigen Menschen, die in Washington („inside the Beltway“) ernst genommen werden, gilt seit vielen Jahren eine überwältigende Regel, die lautet, dass man seine Bereitschaft zur Kürzung der Sozialleistungen erklären muss, und zwar im Rahmen der Reform von Social Security, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Expanding Social Security“) am Freitag in NYTimes.
Es ging nie um Zahlen, die die
Vorstellung sowieso nicht unterstützen, dass die soziale Sicherheit in einer
akuten Krise steckt. Es hat stattdessen mit einer Art Erklärung von Identität
zu tun, zu zeigen, dass man zum Establishment gehört und willens ist, anderen
Menschen im Namen der haushaltspolitischen Verantwortung unnötiges Leid
zuzufügen.
Eine komische Sache ist aber, erklärt
Krugman, was sich in den vergangenen Jahren abgezeichnet hat, dass jetzt eine
Diskussion darüber stattfindet, die Social
Security nicht zu kürzen, sondern auszudehnen. Die Rede von der Ausweitung
der sozialen Sicherheit hat sogar mittlerweile den Weg zum Senat gefunden, wo Tom Harkin das Gesetz für die Erhöhung der Sozialleistungen vorgestellt hat. Ein paar Tage
später hat Senatorin Elizabeth Warren
einen mitreissenden Vortrag über die Vorteile der Vorsorgeleistungen gehalten.
Wo kommt das Ganze jetzt her?
Eine Antwort ist, dass die Defizit-Schimpfer, die Sozialleistungen abbauen
wollen, verdientermassen, in den vergangenen Jahren viel an Glaubwürdigkeit
verloren haben. Darüber hinaus steckt Amerikas Rentensystem in grossen
Schwierigkeiten.
Viele Arbeitnehmer hatten bislang
leistungsorientierte Pensionspläne gehabt; Pläne, wonach ein regelmässiges
Einkommen nach der Pensionierung durch die Arbeitgeber garantiert war. Und eine
ganze Reihe von Senioren profitieren heute noch von solchen Plänen.
Heute hingegen haben
Arbeitnehmer, die im Allgemeinen überhaupt über irgendeine Altersvorsorge
verfügen, i.d.R. beitragsorientierte Pläne, hauptsächlich 401(k). Das Problem
dabei ist klar, dass die Umstellung auf 401(k) ein riesiger Fehler war, so Krugman. Die Arbeitgeber nutzten die
Umwandlung aus, um soziale Leistungen heimlich zu reduzieren. Die
Anlagerenditen waren weit geringer als Arbeitnehmern versprochen wurde. Andererseits
haben viele Menschen ihr Geld nicht klug verwalten können.
Folglich sieht man jetzt auf eine
drohende Krise des Rentensystems gegenüber, mit Dutzenden von Millionen von
Amerikanern, die einen starken Rückgang des Lebensstardards erleben. Für viele
gilt, dass das einzige, was sie vor bitterer Armut schützt, Social Security ist. Ist man nicht froh,
dass dieses Programm nicht privatisiert worden ist?
Realistisch betrachtet dürfte die
Ausdehnung von Social Security nicht
so bald erfolgen. Aber es ist eine Idee, die es Wert ist. Und es ist ein sehr
gutes Zeichen, dass es endlich dazu gekommen ist, hält Krugman als Fazit fest.
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