Larry Summers hat mit seinem aktuellen Vortrag auf der jährlichen Research-Konferenz des IMF vergangene Woche eine neue Debatte ins Rollen gebracht: Es gibt keine einfache Rückkehr zur Normalität vor der Krise in den fortentwickelten Volkswirtschaften. Was meint der ehemalige Chef des US-Schatzamtes damit? Ein beunruhigende Zukunft mit einer chronisch schwachen Nachfrage und einem schleppenden Wirtschaftswachstum: secular stagnation.
Summers ist nicht der erste
Ökonom, der auf eine langanhaltende Stagnation der Wirtschaft hindeutet. Paul Krugman hat bereits vor genau zwei Jahren
in seinem Blog hervorgehoben, dass die
Hypothese von secular stagnation, die in den frühen Nachkriegszeiten populär
war, heute im Angesicht der fortbestehenden angeschlagenen Wirtschaft wieder an
Brisanz gewinne.
Die Vorstellung beruht darauf,
dass die geplanten Ersparnisse die geplanten Investitionen bei Weitem
übersteigen. Die überschüssigen Einsparungen legen nahe, dass der Staat die
Ärmel hochkrempeln soll, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln und
eine nachhaltige Basis für die Vollbeschäftigung zu legen.
Heute liegen die nominalen Zinsen
auf der Null-Grenze (zero lower bound),
sodass der Rückgang der Nachfrage durch Zinssenkungen nicht ausgeglichen werden
kann. Die Zinsen sind übrigens im Sog der Finanzkrise auf der Null-Grenze
aufgeprallt, als Nachspiel des Schulden-Überhangs, den die Immobilienmarkt-Blase
hinterlassen hat. Die Wirtschaft bleibt angeschlagen, weil sie nach dem Platzen von Bubble in eine Liquiditätsfalle gerutscht ist, wo die natürlichen
Realzinsen im Allgemeinen niedrig sind. Das heisst, dass damit eine
langanhaltende Stagnation bevorsteht.
Welche Implikationen erwachsen aber daraus? Was ist zu
tun?
Effective Fed Funds Rate, Graph: FRED Fed St. Louis
Martin Wolf vertritt in einem Kommentar (“Why the future looks sluggish“) FT die Ansicht, dass es drei Optionen gibt:
(1) Da die Ersparnisse die Investitionen übersteigen, müssten die Realzinsen weiter
fallen, d.h. tiefer ins Negative. Ein effektives Instrument dazu ist, ein
höheres Inflationsziel festzulegen. Es ist aber schwer durchsetzbar, zumal es
politisch nicht akzeptabel ist. Ryan
Avent schreibt sogar in The Economist, dass diese Lösung nicht einmal
namentlich genannt werden kann. Es stimmt nicht ganz, weil Krugman in seinem Blog mehrmals eine
vorübergehende Erhöhung des Inflationsziels vorgeschlagen hat.
Es gibt ausserdem ein paar andere
renommierte Ökonomen, die in den vergangenen Jahren eine temporär höhere Inflation befürworteten: Olivier Blanchard, Larry Ball, Greg Mankiw, und Ken Rogoff.
(2) Wie Andrew Smithers in seinem neuen Buch („Road to Recovery“) vorschlägt,
sollen Unternehmen animiert werden, mehr zu investieren. Der ehemalige
Mitarbeiter der britischen Notenbank (Bank
of England), der jetzt an der Birkbeck College, University of London unterrichtet, redet von Hindernissen für Unternehmensinvestitionen,
die frontal angegangen werden müssen. Der grösste Bösewicht sei „bonus culture“, die das Management
ermutige, Aktienpreise via buy-backs
zu manipulieren statt produktive Investitionen zu tätige.
(3) Was Wolf
persönlich unterstützt: Die Flut von Einsparungen (glut of savings) soll dazu verwendet
werden, die öffentlichen Investitionen z.B. in Infrastruktur, Umwelt und
Bildung zu erhöhen. Desweiteren sollen Kapitalströme in die Schwellen- und
Entwicklungsländer erleichtert werden.
Exkurs:
Warum investieren Unternehmen
nicht?
Die deutschen Unternehmen sind seit fast zehn Jahren Netto-Sparer. Peter Bofinger hat in einem Interview dazu neulich gesagt, dass der Hintergrund eine ziemliche Umverteilung ist: Der Anteil der Arbeitseinkommen am Volkseinkommen ist stetig zurückgegangen, während die Kapitaleinkommen, d.h. die Gewinne der Unternehmen stark gestiegen ist. Diese Gewinne werden erspart und nicht in Deutschland reinvestiert.
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