Deutsche Beamte sind auf Amerika wütend, und nicht nur wegen der Sache mit Angela Merkels Handy, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Those Depressing Germans“) am Montag in NYTimes.
Was sie jetzt wütend gemacht hat,
ist ein (langer) Absatz in einem Bericht des US-Schatzamtes. In diesem Absatz
argumentiert das amerikanische Finanzministerium, dass Deutschlands riesiger
Überschuss in der Leistungsbilanz (ein Messwert für die Handelsbilanz)
schädlich ist, was eine deflationäre Tendenz für den Euro-Raum sowie die
Weltwirtschaft auslöst.
Die Deutschen weisen dieses
Argument verärgert als „unverständlich“ zurück. „Es gibt keine Ungleichgewichte
in Deutschland, welche eine Korrektur unserer wachstumsfreundlichen
Wirtschafts- und Fiskalpolitik erfordert“, erklärte ein Sprecher des deutschen
Finanzministeriums.
Das US-Schatzamt liegt aber
richtig. Und die deutsche Reaktion ist störend, so Krugman. Zum einen war es
Indikator für die anhaltende Weigerung der politischen Entscheidungsträger in
Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt, sich der Natur der
wirtschaftlichen Probleme anzunehmen.
Zum anderen zeigt es Deutschlands
bedauernswerte Tendenz, auf jede Kritik an seiner Wirtschaftspolitik mit dem
Ausruf der ungerechten Behandlung zu reagieren.
Fünf Jahre nach dem Fall von
Lehman ist die Weltwirtschaft immer noch depressiv, die unter einem anhaltenden
Mangel an Nachfrage leidet. In diesem Umfeld betreibt ein Land mit Überschuss
im Aussenhandel „beggar thy neighbour“-Politik
(*). Es leitet die Ausgaben weg von Waren und Dienstleistungen der
Nachbar-Länder ab in die eigenen Waren und Dienstleistungen, um dadurch
Arbeitsplätze wegzunehmen.
Leistungsbilanz-Überschüsse: China (vorher) versus Euro-Raum (nachher), Graph: Prof. Paul Krugman
Deutschland teilt ferner eine
Gemeinschaftswährung mit seinen Nachbarn, wo von deutsche Exporteure
profitieren, die ihre Waren mit einem schwachen Euro kalkulieren als mit der DEM,
die sich nun sicherlich kräftig aufwerten würde.
Doch leistet Deutschland seinerseits
keinen Beitrag dazu, eine europäische Depression zu vermeiden. Es müsste viel
mehr ausgeben als seine Nachbarn, die jetzt gezwungen sind, die Ausgaben zu
kürzen. Deutschland hat es aber nicht getan, argumentiert Krugman.
Deutsche Beamte wollen dies
natürlich nicht einsehen. Sie betrachten ihr Land als ein leuchtendes Vorbild
und nehmen die unangenehme Tatsache, dass nicht alle Länder einen Überschuss
aufweisen können, nicht wahr.
Und die Sache ist laut Krugman,
dass es nicht nur um die Deutschen geht. Deutschlands Handelsüberschuss richtet
aus demselben Grund auch für die Essensmarken und Arbeitslosengelder, die in
Amerika nun gekürzt werden, Schaden ein, was Arbeitsplätze vernichtet. Und
republikanische Politiker sind gegenüber der Kritik, die auf ihre Fehler
hindeutet, in etwa so empfänglich wie
deutsche Beamte.
Im sechsten Jahr der globalen
Wirtschaftskrise begreifen viele Politiker es immer noch nicht, dass das
wesentliche Problem nicht-genug-Ausgaben ist. Und es sieht so aus, wie wenn sie
es nie verstehen würden.
PS:
Mit Beggar-my-Neigbour Politik wird der Versuch eines Landes beschrieben,
Exportüberschüsse zu erzielen, um auf diese Weise im Inland Einkommen und
Beschäftigung zu erhöhen.
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