Wenn Unternehmen plötzlich über Produktivitätswachstum reden, meinen sie meistens, dass die Belegschaft härter arbeiten muss, mit einem niedrigeren Lohn und für eine längere Zeit.
Die mikroökonomische Reform, die auf Produktivität beruht,
ist eine Zombie Idee, die unbedingt getötet werden muss, schreibt John Quiggin in einem lesenswerten Artikel („Like a zombie, the productivity doctrine is back, we need to fight it“)
in The Guardian. Der an
der University of Queensland lehrende
Wirtschaftsprofessor nimmt damit zu einer aktuellen Frage in der politischen
Debatte in Australien Stellung.
Das Problem ist aber, dass die Erfahrung der letzten 20
Jahre zeigt, dass die Produktivitätssteigerungen, die durch die härter
schaffenden Arbeitnehmer getrieben werden, nicht nachhaltig sind, ausser in
Rezessionen wie in den 1990er Jahren. Sobald der Arbeitsmarkt sich erholt,
fangen die gestressten Arbeitskräfte an, sich eine neue Stelle zu suchen oder
sie finden inoffizielle Wege für die Wiederherstellung der Work-life-Balance.
Authentische langfristige Verbesserungen in der
Produktivität der Wirtschaft können nur durch Ausbildung der Belegschaft
gewonnen werden, und zwar den technologischen Verbesserungen Rechnung tragend
und durch die Makroökonomie und die Arbeitsmarktpolitik, die darauf
ausgerichtet sind, die Verschwendung des menschlichen Potentials durch
Arbeitslosigkeit und andere Formen der sozialen Ausgrenzung zu vermeiden, hält Quiggin fest.
Prof. John
Quiggin: „Zombie Economics“, Princeton University Press
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Dennis Snower vom Institute für
Weltwirtschaft in Kiel in einem
wunderlichen Artikel („Hausaufgaben für
Deutschland“) in der FAZ schreibt, dass der Aufstieg Deutschlands vom „kranken Mann“ zur „Lokomotive
Europas“ v.a. auf die moderate Lohnentwicklung zurückgeht.
Das neo-liberale Gedankengut von der berühmten Flexibilität
auf dem Arbeitsmarkt ist eine weitere Zombie Idee, die die politischen Parteien
in Deutschland zur Zeit allem Anschein nach auf ihre Fahne schreiben, bevor die
Koalitionsverhandlungen beginnen.
Prof. Snower
plädiert damit für eine zweite Runde von Lohnmoderation in der EWU, damit
Deutschland noch wettbewerbsfähiger wird und seine Handelspartner richtig gegen die Wand fährt. Die Botschaft vom Institut für Weltwirtschaft ist an Zynismus
und Chauvinismus kaum noch zu überbieten, bemerkt Heiner Flassbeck in einem Beitrag dazu in seinem Blog. Mit Recht.
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