Die EZB macht sich Sorgen, dass der Rückgang der Überschussliquidität zu einem Anstieg der Geldmarktzinsen führen könnte. Mario Draghi, EZB-Präsident hat daher angekündigt, die Vollzuteilung (d.h. eine neue Runde von LTRO) u.U. zu erneuern.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann
hat nicht lange gefackelt und mit einem Artikel in FT darauf reagiert. Es ist
bekannt, dass Weidmann gegen das Staatsanleihekaufprogramm (OMT) der EZB ist.
Nun lehnt Weidmann aber auch den
Kauf von Staatsanleihen durch die Banken ab. Warum? Er schreibt, dass der
Anteil der Staatspapiere an der Bilanzsumme der Banken in den letzten fünf Jahren
von 4% auf 5,3% gestiegen ist. Weil die Staatsanleihen nicht mit Eigenmitteln
gedeckt werden müssen, sei es ein Anreiz für die Banken, vermehrt
Staatsanleihen zu kaufen. Insbesondere schwache Banken kaufen laut Weidmann
Staatsanleihen in der Eurozone, um sich zu günstigen Zinsen zu refinanzieren.
Die sog. „Carry Trades“ seien der
Grund dafür, dass die Banken die notwendigen strukturellen Reformen immer
weiter hinausschieben. Ein weiterer Einwand von Weidmann lautet, dass das
wachsende Engagement der Banken in Staatsanleihen auf der Realwirtschaft laste.
Der Anstieg des Länderrisikos (sovereign
risk) führe zu einem Rückgang Kreditvergabe.
Weidmann hat sich von Anfang an
gegen das Anleihekaufprogramm gestellt, weil er darin nach eigenen Angaben eine
verbotene Finanzierung von Staatsschulden sieht. Sein neuer Einwand ist deshalb vor
diesem Hintergrund zu sehen.
Anteil der Staatsanleihen an der
Bilanzsumme der Banken in Europa, Graph:
Morgan Stanley
Da Mario Draghi an der
Vollzuteilung festhält, können sich die Banken bei der EZB zur Zeit so viel
Kredit beschaffen wie sie wollen. Die LTROs werden mit einer Laufzeit von 3
Jahren angeboten.
Die EZB will mit diesem Instrument durch die Stützung der Banken, auf die es bei der Transmission der Geldpolitik
ankommt, die Staatsschuldenkrise bekämpfen. Unternehmen finanzieren sich in
Europa im Vergleich zu Unternehmen in den USA in erster Linie über die Banken
als über den Kapitalmarkt.
Die Offenmarktgeschäfte bilden
ein wichtiges Instrument der Geldpolitik. Die EZB darf daher bestimmte
festverzinsliche Papiere von Banken kaufen und/oder verkaufen. Die Laufzeit der
befristeten Transaktionen und das Zuteilungsverfahren werden von der
Zentralbank je nach der Situation unterschiedlich gehandhabt, um in
Extremsituationen eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale zu unterbinden.
Wozu also die Aufregung? Schliesslich agieren Notenbanken als lender of last resort, um einem taumelnden Kreditsystem die Liquidität zu sichern.
Die EZB kauft im Sekundärmarkt
die Staatspapiere, um Liquidität für die Banken (die die Papiere verkaufen) zu
schaffen, nicht für die öffentliche Hand. Es entsteht dabei kein inflationärer
Druck. Seit dem Einsatz des ersten Anleihekaufprogramms SMP im Mai 2010 und des
zweiten Programms OMT im Juli 2012 ist die Inflation abwärtsgerichtet. Die Teuerungsrate
ist im Euro-Raum im September auf 1,1% gesunken und die Notenbankgeldmenge (monetary base) der EZB bildet sich zurück.
Was bisher geschehen ist, ist
genau das Gegenteil von dem, was Weidmann bisher in Aussicht gestellt hat. Wenn es einer Warnung bedarf, dann in
Sachen Deflation. Weil die Inflationszielrate seit beinahe drei Jahren unterboten wird.
Nicht der Kauf von Staatsanleihen
durch die EZB oder die Banken, sondern das debt-deflation-Kräftespiel
zerrt die Wirtschaft zurück.
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