Freitag, 25. Oktober 2013

Greenspan erzählt in seinem Buch das Blaue vom Himmel

Alan Greenspan hat neulich sein neues Buch („The Map and the Territory“) vorgestellt.

Das Buch des ehemaligen Fed-Präsidenten ist in der amerikanischen Blogosphäre, gelinde gesagt, auf wenig Gegenliebe, gestossen. Es besteht aus einer diskursiven Tour der jüngsten Wirtschaftsgeschichte im Lichte der konservativen politischen Vorgaben. Es sei heute schwierig, Konjunkturprognosen zu machen, weil der Staat die Konkurrenz in den heimischen Märkten einschränke, behauptet Greenspan.

„Ich weiss nicht, welche Karte Alan Greenspan hat oder welches Gebiet er versucht, abzudecken, aber er scheint mir verloren“, schreibt Brad DeLong in seinem Blog dazu. Im Übrigen: Die Worte “Minsky”, “Kindleberger” und “Bagehot” kommen im Buch kein einziges Mal vor.

Es ist wirklich ein schreckliches Buch auf mehreren Ebenen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog, keine Verantwortungsübernahme für nichts, stattdessen die alte Leier: Fannie Mae und Freddie Mac hätten Wall Street irgendwie dazu gezwungen, faule Kredite zu vergeben.

Greenspan vertritt v.a. die Meinung, dass die staatlichen Sozialleistungen an Einzelpersonen, auch wenn sie durch Steuereinnahmen vollständig gedeckt werden, nationale Ersparnisse eins zu eins verringern.




Vergleich der Sozialausgaben als Anteil des BIP mit den nationalen Sparquoten (2010), Graph: Prof. Paul Krugman

Aussage: Höhere Sozialleistungen an Einzelpersonen führen nicht zu weniger Ersparnissen auf nationaler Ebene

Stimmt es? Nein.

Was Greenspan wohl zu dieser Aussage veranlasst, ist der starke Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse im Sog der Great Recession, im Zusammenhang mit dem vorübergehenden Anstieg der Sozialleistungen (wie z.B. Arbeitslosenhilfe und Essensmarken) am BIP, zum Teil weil das BIP gesunken ist.

Greenspan präsentiert es aber so, als ob es sich dabei um ein langfristiges Phänomen handeln würde, und damit einen Anlass vorgibt, das soziale Sicherheitsnetz zu kürzen, d.h. den Staat („Big Government“) zurückzudrängen.

Die Antwort liefert ein Blick über den Atlantik: Die europäischen Staaten gelten als viel grössere Wohlfahrtsstaaten als die USA, unterstreicht Krugman. Sparen die Europäer weniger? Nein. Vergleicht man die Sozialausgaben als Anteil des BIP mit den nationalen Sparquoten 2010, ergibt sich die obige Abbildung. Die grossen Wohlfahrtsstaaten wie Deutschland, Schweden und Frankreich sparen mehr als die USA, obwohl sie mehr für Soziales ausgeben.


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