Sonntag, 27. Oktober 2013

Micro versus Macro

(Nur für Streber)

Mikroökonomie untersucht einzelwirtschaftliche Entscheidungen von Haushalten und Unternehmen. Makroökonomie befasst sich mit gesamtwirtschaftlichen Phänomenen auf aggregierter Ebene wie z.B. Inflation, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum.

Seit Ausbruch der Finanzkrise von 2008 macht aber die Vorstellung die Runde, dass Makroökonomie irgendwie exzentrisch ist und nur Mikroökonomie echte Wissenschaft darstellt. Makroökonomie à la Keynes wird oft mit intensiver Abneigung betrachtet.

John Quiggin schreibt in seinem Blog, dass das grundlegende Problem dabei ist, dass die standard-neoklassische Mikroökonomie eine makroökonomische Theorie in dem Sinne ist, dass sie sich von einem allgemeinen Gleichgewichtsmodell (GE model) ableitet.

Das GE-Modell nimmt demnach Vollbeschäftigung (im technischen Sinne) als gegeben an und leitet daraus eine ganze Reihe von grundlegenden Ergebnissen her. Wenn die Wirtschaft nachhaltig hohe Arbeitslosigkeit aufweisen kann, muss aber mit der standard-neoklassichen Mikroökonomie etwas nicht stimmen, erklärt der an der University of Queensland, Australien lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Annahme der Vollbeschäftigung ist falsch. Was sie aber nicht allzu falsch macht, ist die Existenz von Stabilisierungsmassnahmen, Geld- und Fiskalpolitik, die dafür sorgen, dass die Wirtschaft sich von konjunkturellen Einbrüchen rasch wieder erholt. Makro ist, was Mikro funktionieren lässt, regänzt Paul Krugman in seinem Blog.

Keynes hat seine makroökonomischen Ideen so vertreten, dass sie die Welt für die neoklassische Mikroökonomie sicher machen. Wenn die Regierungen die Gesamtwirtschaft mit Fiskalpolitik stabilisieren könnten, gäbe es keine Notwendigkeit für umfassende wirtschaftliche Planung von der Art, wie sie von der Sowjetunion praktiziert wurden oder für ad-hoc Interventionen wie die Preisabsprachen-Elemente des New Deals unter Roosevelt, argumentiert Quiggin weiter.

Dass die Volkswirte und Finanzökonomen gescheitert sind, vor der globalen Finanzkrise zu warnen und einheitliche Ratschläge zu erteilen, wie die Great Recession  zu bekämpfen ist, ist nicht nur ein Problem für sie. Es untergräbt den ganzen Beruf Volkswirtschaft, hält Quiggin als Fazit fest.

Die Volkswirtschaftslehre war in den USA in den 1930er und sogar in den 1940er Jahren überhaupt nicht modell-orientiert, die es später wurde. Die Institutionenökonomik (institutional economics) war immer noch eine mächtige Kraft, erinnert Krugman.

Warum hat aber die modell-orientierte, mathematik-lastige Wirtschaft triumphiert? Nicht weil allgemeine Gleichgewichtsmodelle mit der Annahme der vollkommenen Konkurrenz überwältigende empirische Erfolge aufwiesen, sondern weil Keynesian Makroökonomie sich durchsetzte. Die Erfahrungen der Kriegszeit zeigen laut Krugman auf, dass die nachfrage-orientierte Ankurbelung des Wirtschaftswachstums funktioniert, genau wie Keynes es sagte. Paul Samuelson, der dabei eine Schlüsselrolle spielte, hat z.B. in seinen Lehrbüchern mit Makro begonnen, um später zu Mikro überzugehen.

In der EU äusserst sich das einzelwirtschaftliche Denken am Beispiel der schwäbischen Hausfrau. Die Euro-Krise wird als Staatsschuldenkrise interpretiert. Die Schuldner werden zu Schuldigen erklärt. Das heisst, dass man dem Trugschluss der Verallgemeinerung (fallacy of composition) verfällt.

Die Unternehmen denken einzelwirtschaftlich. Das ist in Ordnung. Das einzelwirtschaftliche Denken für die Gesamtheit ist aber falsch, wie Heiner Flassbeck in seinem Buch beschreibt. Das ist auch ein Grund, warum es den Staat braucht, der als Ausgleich für die Gesamtwirtschaft sorgt, z.B. via Interventionen am Devisenmarkt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo,

das Problem ist doch nicht die Annahme der Vollbeschäftigung im GE-Modell, sondern die Tatsache, dass die Vollbeschäftigung nicht gewünscht ist und absichtlich bekämpft wird. Hier findet absichtvoll eine Verarmung der Massen zu Gunsten der Elite statt.

Mich würde bloß interessieren, wer von den Frauen und Männern (hier sind nur die Schwächlichen gemeint) für die Destabilisierung des Zusammenhalts eintritt. Da fragt man sich unwillkürlich, ob ihne überhaupt bewußt ist, was Anarchie bedeutet.

Gruß,
Thomas71