Mikroökonomie untersucht einzelwirtschaftliche
Entscheidungen von Haushalten und Unternehmen. Makroökonomie befasst sich mit
gesamtwirtschaftlichen Phänomenen auf aggregierter Ebene wie z.B. Inflation,
Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum.
Seit Ausbruch der Finanzkrise von
2008 macht aber die Vorstellung die Runde, dass Makroökonomie irgendwie
exzentrisch ist und nur Mikroökonomie echte Wissenschaft darstellt.
Makroökonomie à la Keynes wird oft mit intensiver Abneigung betrachtet.
John Quiggin schreibt in seinem Blog, dass das grundlegende Problem dabei ist, dass die
standard-neoklassische Mikroökonomie eine makroökonomische Theorie in dem Sinne
ist, dass sie sich von einem allgemeinen Gleichgewichtsmodell (GE model) ableitet.
Das GE-Modell nimmt demnach
Vollbeschäftigung (im technischen Sinne) als gegeben an und leitet daraus eine
ganze Reihe von grundlegenden Ergebnissen her. Wenn die Wirtschaft nachhaltig
hohe Arbeitslosigkeit aufweisen kann, muss aber mit der standard-neoklassichen
Mikroökonomie etwas nicht stimmen, erklärt der an der University of Queensland, Australien lehrende Wirtschaftsprofessor.
Die Annahme der Vollbeschäftigung
ist falsch. Was sie aber nicht allzu falsch macht, ist die Existenz von
Stabilisierungsmassnahmen, Geld- und Fiskalpolitik, die dafür sorgen, dass die
Wirtschaft sich von konjunkturellen Einbrüchen rasch wieder erholt. Makro ist,
was Mikro funktionieren lässt, regänzt Paul
Krugman in seinem Blog.
Keynes hat seine makroökonomischen Ideen so vertreten, dass sie die
Welt für die neoklassische Mikroökonomie sicher machen. Wenn die Regierungen
die Gesamtwirtschaft mit Fiskalpolitik stabilisieren könnten, gäbe es keine
Notwendigkeit für umfassende wirtschaftliche Planung von der Art, wie sie von
der Sowjetunion praktiziert wurden oder für ad-hoc Interventionen wie die
Preisabsprachen-Elemente des New Deals unter Roosevelt, argumentiert Quiggin weiter.
Dass die Volkswirte und
Finanzökonomen gescheitert sind, vor der globalen Finanzkrise zu warnen und
einheitliche Ratschläge zu erteilen, wie die Great Recession zu bekämpfen
ist, ist nicht nur ein Problem für sie. Es untergräbt den ganzen Beruf
Volkswirtschaft, hält Quiggin als Fazit fest.
Die Volkswirtschaftslehre war in
den USA in den 1930er und sogar in den 1940er Jahren überhaupt nicht
modell-orientiert, die es später wurde. Die Institutionenökonomik (institutional economics) war immer noch
eine mächtige Kraft, erinnert Krugman.
Warum hat aber die
modell-orientierte, mathematik-lastige Wirtschaft triumphiert? Nicht weil
allgemeine Gleichgewichtsmodelle mit der Annahme der vollkommenen Konkurrenz
überwältigende empirische Erfolge aufwiesen, sondern weil Keynesian
Makroökonomie sich durchsetzte. Die Erfahrungen der Kriegszeit zeigen laut
Krugman auf, dass die nachfrage-orientierte Ankurbelung des Wirtschaftswachstums
funktioniert, genau wie Keynes es sagte. Paul
Samuelson, der dabei eine Schlüsselrolle spielte, hat z.B. in seinen
Lehrbüchern mit Makro begonnen, um später zu Mikro überzugehen.
In der EU äusserst sich das
einzelwirtschaftliche Denken am Beispiel der schwäbischen Hausfrau. Die Euro-Krise wird als Staatsschuldenkrise
interpretiert. Die Schuldner werden zu Schuldigen erklärt. Das heisst, dass man
dem Trugschluss der Verallgemeinerung (fallacy
of composition) verfällt.
Die Unternehmen denken
einzelwirtschaftlich. Das ist in Ordnung. Das einzelwirtschaftliche Denken für
die Gesamtheit ist aber falsch, wie Heiner
Flassbeck in seinem Buch beschreibt. Das ist auch ein Grund, warum es den Staat braucht, der als
Ausgleich für die Gesamtwirtschaft sorgt, z.B. via Interventionen am
Devisenmarkt.
1 Kommentar:
Hallo,
das Problem ist doch nicht die Annahme der Vollbeschäftigung im GE-Modell, sondern die Tatsache, dass die Vollbeschäftigung nicht gewünscht ist und absichtlich bekämpft wird. Hier findet absichtvoll eine Verarmung der Massen zu Gunsten der Elite statt.
Mich würde bloß interessieren, wer von den Frauen und Männern (hier sind nur die Schwächlichen gemeint) für die Destabilisierung des Zusammenhalts eintritt. Da fragt man sich unwillkürlich, ob ihne überhaupt bewußt ist, was Anarchie bedeutet.
Gruß,
Thomas71
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