Die Anhänger der Austeritätspolitik bejubeln das
Wirtschaftswachstum um 0,4% im Euro-Raum im zweiten Quartal 2013
als Riesenerfolg. Es wird damit eine Stimmung vermittelt, als ob die harschen
Sparmassnahmen sich unterdessen ausgezahlt hätten.
Ist dies aber wirklich der Fall? Nein, keineswegs,
schreiben Paul De Grauwe und Yuemie
Ji in einer kürzlich vorgelegten lesenswerten Analyse („The legacy of austerity in the euro zone“). Weil (1) die leichte
Belebung der Konjunktur auf das OMT-Programm der EZB zurückzuführen ist und (2)
die
Austeritätspolitik eine unhaltbare Verschuldung hinterlässt, was aus Sicht der
politischen Entscheidungsträger eine harte Herausforderung darstellt.
Die Autoren halten fest, dass die harschen Massnahmen zu einem starken Anstieg der öffentlichen Schulden geführt haben, zu einem grossen Teil aufgrund der schwachen Wirksamkeit der Austeritätspolitik. Die Sparmassnahmen leiden nämlich unter dem bekannten Problem „Trugschluss der Verallgemeinerung“ (fallacy of composition). Was für einzelne Teile stimmt, trifft nicht auf das Ganze zu.
Sparprogramme, die in Einzelfällen funktionieren,
scheitern, wenn alle Länder gleichzeitig Sparmassnahmen treffen. Wegen des „Trugschluss
der Verallgemeinerung“-Problems ist die Auteritätspolitik ineffektiv und
kostspielig für die Peripherie. Ineffektiv,weil es viel Austerität bedarf, um
das Haushaltsdefizit nur ein wenig zu senken. Kostspielig, weil die Austerität
zum Output-Rückgang führt.
Dies hätte aber durch eine „aufgeklärte und
symmetrische Haushaltspolitik“ vermieden werden können, wobei der unvermeidbare
Sparkurs der Schuldnerländer durch expansive Fiskalpolitik (fiscal stimulus) in den Gläubigerländern
hätte ausgeglichen werden müssen, sind De Grauwe und Ji überzeugt.
Wirtschaftswachstum versus Austerität, Graph:
Paul De Grauwe und Yuemei Ji in: „The Legacy of Austerity in the Eurozone“, Oct
2013
Eine solche symmetrische Haushaltspolitik hätte die
ganze Last der Anpassung nicht auf die Schuldnerländer gelegt. Die Auslastung
hätte aufgeteilt werden sollen. Schliesslich sind es die Gläubigerländer, die
die Verantwortung für die Euro-Krise tragen.
Die Rezession im Südeuropa war eine Bilanz-Rezession (balance-sheet-recession), wo der Privatsektor verzweifelt versucht
hat, Schulden abzubauen (deleveraging).
Da die EU darauf beharrt hat, dass auch die öffentliche Hand die Verschuldung
zurückführen muss, kam es zu eine debt-deflation-Dynamik,
die tiefe Rezessionen an der Peripherie der Eurozone ausgelöst hat, zum Teil sogar
Erinnerungen an die Depression in den 1930er Jahren weckend.
Der deflationäre Prozess zeigt alles in Allem eine stark negative Beziehung auf: je strenger die Austeritätspolitik ist, desto tiefer fällt das BIP.
Nach Schätzung der Autoren bedeutet ein Anstieg der
Austerität um 1% im Durchschnitt ein Rückgang der Produktion um 1,4%. Ein
Anstieg der Austerität um 1% führt lediglich zu einer Verbesserung des Haushalts
um 0,5%. Das trade-off ist m.a.W.
sehr unvorteilhaft. Die Regierungen müssten, um einen Ausgleich um 1% im
Haushalt zu erreichen, einen Rückgang des BIP um 2,8% in Kauf nehmen.
Die Schuldnerländer werden damit mit einer untragbaren Schuldenlast für mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte konfrontiert.
Die Schuldnerländer werden damit mit einer untragbaren Schuldenlast für mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte konfrontiert.
Die Anzahl der Jahre, die notwendig sind, damit die
Länder an der Peripherie der EU ihre Schulden halbieren können, Graph: Paul De Grauwe und Yuemei Ji in: „The
Legacy of Austerity in the Eurozone“, Oct 2013
Fazit: Spart ganz Europa
gleichzeitig, kann z.B. Grossbritannien nicht wachsen. Spart die ganze Welt,
kann es kein globales Wachstum geben. Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen
des anderen. Der Aufschwung, nicht der Abschwung ist der richtige Zeitpunkt für
Sparmassnahmen.
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