Montag, 14. Oktober 2013

Die dogmatische Ablehnung des Keynesianismus hat fatale Folgen

In einer Antwort auf Bryan Caplans Blog-Eintrag unterstreicht Simon Wren-Lewis in seinem Blog, dass die Nominallohnrigidität (nominal rigidity wages) ein Faktum ist.

Der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor meldet jedoch zwei Beschwerden über die Dominanz der Mikrofundierung (microfoundation) in der Makro-Ökonomie. Der Ansatz Mikrofundierung (*) soll aber weder als „grundlegend fehlerhaft“ impliziert noch aufgegeben werden. Er selbst lerne nämlich noch nützliche Dinge vom Aufbau der DSGE-Modelle.

Seine erste Beschwerde ist, dass zu viele Ökonomen eine „puristische Position“ in Sachen Mikrofundierung vertreten: „wenn etwas nicht mikrofundiert werden kann, gehört es in kein Modell“. Mit anderen Worten bestehen einige Vertreter des microfoundation-Ansatzes darauf, nur das in die Modelle einzubauen, was mikrofundiert werden kann, und nicht was sie in der Praxis beobachten. Dies führt laut Wren-Lewis zu einer Standard-Methode, die innovative makro-ökonomische Forschung ablehnt.

Seine zweite Kritik ist, dass die Mikrofundierung, die von Makroökonomen verwendet wird, veraltet ist. Die Verhaltensökonomie beispielsweise schafftenicht einmal einen Einblick, argumentiert Wren-Lewis. Ein gutes und sehr wichtiges Beispiel kommt aus der Zurückhaltung der Unternehmen, die Nominallöhne zu senken. Es gibt eine überwältigende empirische Evidenz für dieses Phänomen.

Die verhaltensökonomische Gründe werden übrigend von Truman Bewley in seinem Buch („Why Wages Don’s Fall“) behandelt. Sowohl die Geldillusion als auch die Bedeutung der Moral der Arbeitskräfte sind von Behaviroral Economics gut akzeptierte Ideen, hebt Wren-Lewis hervor.


Arbeitslosigkeit in Spanien, Graph: Prof. Sven Wren-Lewis


Doch die Debatte unter Makroökonomen setzt sich darüber fort, ob und warum die Löhne nach unten starr sind.

Während die Debatte über die Methodologie anhält, ist die praktische Bedeutung aus aktuellem Anlass sehr wichtig. Einige Ökonomen argumentieren nämlich, dass die Tatsache, dass die Inflation in der Rezession nicht weiter gesunken ist, ein Beweis dafür ist, dass die Produktionslücke (output gap) nicht so gross ist.

Wren-Lewis verweist hier auf Paul Krugmans Argumentation, dass die Zurückhaltung der Arbeitskräfte oder Unternehmen, die Nominallöhne zu kürzen, wohl bedeutet, dass die Inflation auf sehr niedrigen Niveaus viel starrer sein kann, sodass die gegenwärtige Entwicklung der Inflation mit einer grossen Produktionslücke nicht unvereinbar ist.

Doch ist dies kaum eine neue Beobachtung, betont Wren-Lewis. Warum muss aber die Makroökonomie diese grundlegende empirische Wahrheit ausgerechnet jetzt entdecken?

Das Scheitern daran, die Nominallohnrigidität in die Überlegungen miteinzubeziehen, hat dazu geführt, dass die politischen Entscheidungsträger die Grössenordnung der Produktionslücke völlig unterschätzen. Und dies führt wiederum zu einer suboptimalen Antwort der Politik.

Siehe Spanien. Die EU-Kommission denkt nun darüber nach, ihre Methodologie zur Schätzung der Produktionslücke zu revidieren. Eine Arbeitsgruppe namens OGWG arbeitet bereits daran, herauszufinden, inwieweit die tatsächliche Produktion vom Potenzialwachtum im Euro-Raum abweicht.

Wie konnte die EU-Kommission aber davon ausgehen, dass die natürliche Arbeitslosigkeit (natural rate of unemployment) in Spanien in wenigen Jahren von 10% auf 23% gestiegen ist?

Fazit: Die Beispiele zeigen, wie gefährlich es sein kann, sich auf DSGE-Modelle einzulassen, um wirtschaftspolitische Beschlüsse mit Bezug auf praktische Fälle zu fassen. Wie Krugman zusammenfasst, war die Zurückweisung des Keynesianismus durch Süsswasser-Ökonomen (freshwater economics) nicht von der empirischen Performance angetrieben. Es hat mit einem Grundsatz zu tun, alles abzulehnen, was sich nicht aus der Nutzen-Maximierung herleiten lässt, weshalb z.B. Liquiditätsfalle nicht in die Modelle integriert wurde.


(*) Mikroökonomische Fundierung der makroökonomischen Theorie stützt sich hauptsächlich auf das einzelwirtschaftliche Maximierungsverhalten (Nutzenmaximierung der privaten Haushalte und Gewinnmaximierung der Unternehmen).

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