In einer Antwort auf Bryan Caplans Blog-Eintrag unterstreicht Simon Wren-Lewis in seinem Blog, dass die Nominallohnrigidität (nominal rigidity wages) ein Faktum ist.
Der an der Oxford
University lehrende Wirtschaftsprofessor meldet jedoch zwei Beschwerden
über die Dominanz der Mikrofundierung (microfoundation)
in der Makro-Ökonomie. Der Ansatz Mikrofundierung
(*) soll aber weder als „grundlegend fehlerhaft“ impliziert noch aufgegeben
werden. Er selbst lerne nämlich noch nützliche Dinge vom Aufbau der
DSGE-Modelle.
Seine erste Beschwerde ist, dass zu viele Ökonomen
eine „puristische Position“ in Sachen Mikrofundierung vertreten: „wenn etwas
nicht mikrofundiert werden kann, gehört es in kein Modell“. Mit anderen Worten
bestehen einige Vertreter des microfoundation-Ansatzes darauf, nur das in die Modelle
einzubauen, was mikrofundiert werden kann, und nicht was sie in der Praxis beobachten.
Dies führt laut Wren-Lewis zu einer Standard-Methode, die innovative makro-ökonomische
Forschung ablehnt.
Seine zweite Kritik ist, dass die Mikrofundierung, die
von Makroökonomen verwendet wird, veraltet ist. Die Verhaltensökonomie beispielsweise
schafftenicht einmal einen Einblick, argumentiert Wren-Lewis. Ein gutes und
sehr wichtiges Beispiel kommt aus der Zurückhaltung der Unternehmen, die
Nominallöhne zu senken. Es gibt eine überwältigende empirische Evidenz für
dieses Phänomen.
Die verhaltensökonomische Gründe werden übrigend von
Truman Bewley in seinem Buch („Why Wages Don’s Fall“) behandelt. Sowohl
die Geldillusion als auch die Bedeutung der Moral der Arbeitskräfte sind von Behaviroral Economics gut akzeptierte
Ideen, hebt Wren-Lewis hervor.
Arbeitslosigkeit in Spanien, Graph: Prof. Sven Wren-Lewis
Doch die Debatte unter Makroökonomen setzt sich
darüber fort, ob und warum die Löhne
nach unten starr sind.
Während die Debatte über die Methodologie anhält, ist
die praktische Bedeutung aus aktuellem Anlass sehr wichtig. Einige Ökonomen
argumentieren nämlich, dass die Tatsache, dass die Inflation in der Rezession
nicht weiter gesunken ist, ein Beweis dafür ist, dass die Produktionslücke (output gap)
nicht so gross ist.
Wren-Lewis verweist hier auf Paul Krugmans
Argumentation, dass die Zurückhaltung der Arbeitskräfte oder Unternehmen, die
Nominallöhne zu kürzen, wohl bedeutet, dass die Inflation auf sehr niedrigen
Niveaus viel starrer sein kann, sodass die gegenwärtige Entwicklung der
Inflation mit einer grossen Produktionslücke nicht unvereinbar ist.
Doch ist dies kaum eine neue Beobachtung, betont
Wren-Lewis. Warum muss aber die Makroökonomie diese grundlegende empirische
Wahrheit ausgerechnet jetzt entdecken?
Das Scheitern daran, die Nominallohnrigidität in die
Überlegungen miteinzubeziehen, hat dazu geführt, dass die politischen
Entscheidungsträger die Grössenordnung der Produktionslücke völlig unterschätzen.
Und dies führt wiederum zu einer suboptimalen Antwort der Politik.
Siehe Spanien.
Die EU-Kommission denkt nun darüber nach, ihre Methodologie zur Schätzung der
Produktionslücke zu revidieren. Eine Arbeitsgruppe namens OGWG
arbeitet bereits daran, herauszufinden, inwieweit die tatsächliche Produktion
vom Potenzialwachtum im Euro-Raum abweicht.
Wie konnte die EU-Kommission aber davon ausgehen, dass
die natürliche Arbeitslosigkeit (natural
rate of unemployment) in Spanien in
wenigen Jahren von 10% auf 23% gestiegen ist?
Fazit: Die Beispiele zeigen, wie gefährlich es sein kann,
sich auf DSGE-Modelle einzulassen, um wirtschaftspolitische Beschlüsse mit
Bezug auf praktische Fälle zu fassen. Wie Krugman zusammenfasst, war die
Zurückweisung des Keynesianismus durch Süsswasser-Ökonomen (freshwater economics) nicht von der
empirischen Performance angetrieben. Es hat mit einem Grundsatz zu tun, alles
abzulehnen, was sich nicht aus der Nutzen-Maximierung herleiten lässt, weshalb
z.B. Liquiditätsfalle nicht in die
Modelle integriert wurde.
(*) Mikroökonomische
Fundierung der makroökonomischen Theorie stützt sich hauptsächlich auf das
einzelwirtschaftliche Maximierungsverhalten (Nutzenmaximierung der
privaten Haushalte und Gewinnmaximierung der Unternehmen).
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