Die Euro-Krise lässt sich nicht durch einen neuen Haushaltspakt (Fiscal Compact), welcher von einer Sparpolitik besessen ist, lösen, schreibt Mariana Mazzucato in einem lesenswerten Artikel („Austerity Plans Are Based on the Wrong Diagnosis of the Wrong Problem“) in AlterNet.
Der EU-Haushaltspakt (siehe auch hier), welcher zum Ziel hat, die Gemeinschaftswährung zu retten, hat mit „fiscal“ nichts zu tun, da das Wort sich gewöhnlich auf die Staatsausgaben bezieht, erklärt die an der University of Sussex (UK) lehrende Wirtschaftsprofessorin.
Der Plan ist in der Tat ein Sparprogramm (Austerity Compact), ein Versuch, die wirtschaftliche Malaise verkehrt denkend anzugehen. Und es wird laut Mazzucato nicht funktionieren. Denn wie Keynes zeigte, ist das Schlimmste, was ein Staat während einer Rezession tun kann, die Ausgaben zu senken. Und Europa als Ganzes ist einer Rezession, und wahrscheinlich bald in einer Depression, beschreibt Mazzucato weiter.
Das Hauptproblem mit dem EU-Haushaltspakt ist aber, dass er nicht einfach aus keynesianischen Gründen funktioniert, sondern weil der Plan auf der falschen Diagnose des Problems basiert. Die Austerity-Lösung geht davon aus, dass das Problem mit den Ländern wie Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien an der EU-Peripherie ist, dass sie viel zu hohe Staatsausgaben gehabt hätten.
Die Idee ist aber vollkommen falsch, hebt Mazzucato hervor. In der Tat lagen die Haushaltsdefizite in allen EU-Ländern vor der Krise (abgesehen von Griechenland) im Einklang mit den EU-Zielwerten von 3%-4%. Erst nach dem Ausbruch der Krise begannen die Staatsausgaben zu steigen, um die Konjunkturpakete und Rettungsaktionen am Finanzsektor zu finanzieren. Spanien hatte beispielsweise am Vorabend der Krise Haushaltsüberschuss.
Das eigentliche Problem ist laut Mazzucato zweierlei:
(1) Wachstumskrise:
Die Länder an der Peripherie, insbesondere Italien und Griechenland hatten kaum „smart“ Investitionen in den Bereichen wie Bildung von Humankapital und Forschung & Entwicklung, welche die Produktivität hätten steigern können. Italien hat eine der niedrigsten Raten der F&E-Ausgaben (und des Produktivitätswachstums) in Europa, so Mazzucato.
Wenn die Produktivität niedrig bleibt, bleibt auch das Wachstum niedrig.
Solange die Wachstumsrate niedriger bleibt als der Zinssatz zur Rückzahlung der Schulden, steigt die Staatsquote (Schulden im Verhältnis zum BIP). Und das beunruhigt die Investoren.
(2) Spekulationskrise:
Die europäische Währungsunion wurde von der EZB, die bereit wäre, angemessen als lender of last resort zu agieren, nicht unterstützt. Dieses Versagen hat am Anleihemarkt Spekulanten veranlasst, Wetten auf die Zahlungsfähigkeit der Länder, was die Bedienung der Staatsanleihen betrifft, zu schliessen.
Ein Blick auf Grossbritannien verdeutlicht den Sachverhalt (mehr dazu hier), dass der britische Anleihemarkt, auch wenn das Wirtschaftswachstum dort niedrig ist und die Staatsverschuldung höher liegen als in einigen EU-Ländern, von den Spekulanten nicht in Angriff genommen wird. Warum? Weil die britische Zentralbank (Bank of England) als lender of last resort agiert.
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