Warum verlässt ein geschäftsführender Direktor eine der weltgrössten Investmentbanken? Greg Smith berichtet in einem lesenswerten Artikel („Why I Am Leaving Goldman Sachs“) in NYT, weshalb er seinen Top-Job bei Goldman Sachs nach 12 Jahren Tätigkeit in New York und London aufgibt.
Er habe noch nie so ein giftiges und zerstörerisches Arbeitsumfeld gesehen wie gegenwärtig, schreibt der heute zurücktretende Executive Director und Leiter des Aktienderivate-Geschäftes für Europa, Mittleren Osten und Afrika.
Die Interessen des Kunden werden weiter beiseitegeschoben. Das Finanzunternehmen arbeite heute so, dass es nur daran denkt, selbst Geld zu verdienen.
Es sei einst um Teamarbeit, Integrität und den Geist der Demut gegangen, und darum, immer das Richtige für den Kunden zu tun. Die Kultur, von der heute jede Spur fehle, habe 143 Jahre das Vertrauen der Kundschaft gewonnen. Heute habe Smith keinen Stolz und keinen Glauben.
Der scheidende Goldman Sachs Direktor hat nach eigenen Angaben das Privileg gehabt, zwei der grössten Hedge-Fonds auf dem Planeten, fünf der grössten Asset Manaeger in den USA und drei der prominenstesten Staatsfonds (sovereign wealth funds) im Nahen Osten und in Asien zu beraten: eine Kundschaft mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 1‘000 Mrd. $.
Er sei stolz gewesen, seinen Kunden die Ratschläge zu erteilen, die aus Sicht der Kunden seiner Ansicht nach richtig waren, auch wenn es für Goldman Sachs weniger Geld bedeutet hat. Diese Ansicht werde heute bei Goldman Sachs zunehmend unpopulär. Warum?
Wie konnte es so weit kommen? Die Investmentbank habe die Art, wie sie über die Leadership denke, verändert. Wenn man heute als Mitarbeiter genug Geld für das Unternehmen mache, werde man für eine Position mit Einfluss gefördert.
Was sind die schnellen Wege, um gefördert zu werden?
(a) an den „Achsen“ Entscheidungen treffen: Das heisst in der Goldman Sachs Sprache, dass man die Kunden überzeugt, in Aktien zu investieren und Produkte zu kaufen, die Goldman Sachs selbst loswerden will und weil es kein Gewinnpotenzial mehr sieht.
(b) „Elefanten Jagen“: Das heisst in der Goldman Sachs Sprache, dass man mit allem, was man auch handelt (trading), die grössten Profite für Goldman Sachs einbringt.
(c) Gerade dort arbeiten, wo es darum geht, illiquide, undurchsichtige Produkte mit einem 3-Buchstaben-Akronym zu traden.
Heute zeigen viele der leitenden Direktoren bei Goldman Sache einen Kultur-Quotienten von genau Null Prozent, schildert Smith weiter. Er berichtet von einem Derivate-Sales-Meeting, wo keine einzige Minute damit verschwendet worden sei, Fragen zu stellen, wie Kunden der Investmentbank geholfen werden kann. Es geht nur darum, wie Kunden möglichst viel Geld abgenommen werden kann.
„Es macht mich krank“, legt Smith dar, wie kaltschnäuzig die Menschen bei Goldman Sachs darüber reden, wie sie Kunden übers Ohr hauen. In den vergangenen 12 Monaten habe Smith 5 verschiedene Geschäftsführer erlebt, die ihre Kunden als „Muppets“ (Deppen) bezeichnen, manchmal sogar in internen E-Mails. Das alles sogar nach SEC, Fabulous Fab, Abacus, God’s Work, Carl Levin, Vampire Squids? Keine Demut? Nichts. Er kenne kein rechtswidriges Verhalten, aber werden die Kunden mit komplizierten Produkten abgezockt? Absolut. Jeden Tag, in der Tat.
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