Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten
Kolumne („Broccoli and Bad Faith“) am
Freitag in NYT mit dem bevorstehenden
Urteil des Obersten Gerichtshofes über das amerikanische Gesundheitsgesetz (Affordable Care Act).
Es
scheint aber durchaus möglich, dass das Gericht das „Mandat“ oder sogar das
ganze Gesetz niederstrecken will, bemerkt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.
Bei „Mandat“ handelt es sich um die
Forderung, dass die Individuen sich eine Krankenversicherung besorgen müssen.
Die
Abschaffung des „Mandats“ würde aber das Gesetz weniger praktikabel machen,
während die Niederstreckung des ganzen Gesetzes die Verneinung bedeuten würde,
dass mehr als 30 Mio. Amerikaner Krankenversicherung hätten, legt Krugman dar.
Angesichts
der brisanten Situation dürfte man laut Krugman erwarten, dass alle Mitglieder
des Gerichts sehr vorsichtig vorgehen. In Wirklichkeit scheinen Richter jedich,
die dagegen sind, auf jedes Argument aufzugreifen, um die Gesetzesvorlage zu
Fall zu bringen.
Der
Richter Antonin Scalia hat
beispielsweise den Kauf von Krankenversicherung mit dem Kauf von Broccoli
verglichen. Dieser Vergleich hat Gesundheitsexperten entsetzt, weil Krankenversicherung
mit Broccoli nichts zu tun hat.
Warum?
Wenn die Leute nicht Broccoli kaufen, machen sie dadurch Broccoli nicht
unverfügbar für diejenigen, die es kaufen wollen. Wenn aber die Leute keine
Krankenversicherung kaufen, bis sie krank werden, was der Fall wäre, wenn es
das „Mandat“ nicht gäbe, macht die sich daraus ergebende Verschlechterung des
Risiko-Pools die Versicherung viel teurer, und öfters unerschwinglich, für
diejenigen, die zurückbleiben. Folglich funktioniert eine nicht-regulierte
Krankenversicherung grundsätzlich nicht und es hat nie funktioniert, hält der
an der University of Princeton
lehrende Wirtschaftsprofessor fest.
Es
gibt mindestes zwei Möglichkeiten, um dieser Realität anzugehen. Eine ist,
jeden zu besteuern und die damit geschaffenen Erlöse für die Abdeckung der
Gesundheit bereitzustellen. Das ist, was Medicare
(der staatliche Gesundheitsdienst für Rentner über 65) und Medicaid (der staatliche Gesundheitsdienst für arme Menschen) tun.
Die andere ist, zu verlangen, dass jeder eine Krankenversicherung kauft,
während diejenigen, die es sich nicht leisten können, unterstützt werden,
erläutert Krugman.
Sind
es grundlegend unterschiedliche Ansätze? Krugman zitiert dazu Charles Fried,
der Ronald Reagans Generalstaatsanwalt war: „Ich habe nie verstanden, warum die
Regulierung, die Menschen etwas zu kaufen zu veranlassen, irgendwie
aufdringlicher sein soll als die Regulierung, sie zur Zahlung von Steuern zu
veranlassen und sie ihnen dann zu geben“.
Fried
denkt also, dass es gerade die Politik ist und weitere
Diskussionen in den Anhörungen unterstützen diese Wahrnehmung. Im juristischen
Denken hat m.a.W. keine wirkliche Veränderung stattgefunden.
Krugman weiss natürlich
nicht, wie der Oberste Gerichtshof darüber befinden wird. Aber es sei schwer,
nicht das Gefühl einer Vorahnung zu haben und sich Sorgen zu machen, dass der bereits
schwer angeschlagene Glaube des Landes in die Fähigkeit des Obersten
Gerichtshofs, über der Politik zu stehen, sich gerade anschickt, einen weiteren
schweren Schlag zu nehmen.
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