Die Staatsschulden sind in aller Munde. Es ist aber ein Mythos, die Staatsschulden als die eigentliche Ursache der Krise zu bezeichnen. Die Staatsschulden sind erst nach dem Ausbruch der Finanzkrise gestiegen. Die öffentliche Hand hat angesichts der dadurch ausgelösten Rezession Massnahmen getroffen, um die Banken und Finanzunternehmen zu retten.
Wie soll aber mit Staatsschulden nun umgegangen werden?
Carmen Reinhart und Jacob Funk Kirkegaard rufen in diesem Zusammenhang in einem aktuellen Artikel („Financial repression: Then and now“) in Voxeu eine Strategie in Erinnerung, die „Financial Repression“ heisst.
Im Lichte der rekordhohen Verschuldung der öffentlichen Hand und des privaten Sektors dürften Strategien zum Abbau von Staatsschulden im Mittelpunkt der politischen Diskussionen in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf absehbare Zeit stehen, heben Reinhart und Kirkegaard hervor.
Im Laufe der Geschichte wurde die Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP) wie folgt reduziert:
Wirtschaftswachstum,
Haushaltskonsolidierung und Sparmassnahmen,
Zahlungsausfall (default) oder Umschuldung der privaten und öffentlichen Schulden,
Inflation („surprise inflation“),
Financial Repression (finanzielle Unterdrückung) begleitet durch stetige Inflation.
G7 Staatsanleihen Rendite (real), Graph: Carmen Reinhart und Jacob Funk Kirkegaard in Voxeu
Der Ausdruck „financial repression“ wurde von Ronald McKinnon (1973) geprägt, was verschiedene Strategien beschreibt, die dem Staat erlauben, Sparer im Inland „einzufangen“ und „unterzubezahlen“.
Dazu zählen: Erzwingung von Pensionskassen und anderen inländischen Finanzinstituten, Staatsanleihen zu kaufen, Zins-Caps (d.h. Zinssatz-Deckelung oder Zinsobergrenzen), Kapitalverkehrskontrollen usw.
Dazu zählen: Erzwingung von Pensionskassen und anderen inländischen Finanzinstituten, Staatsanleihen zu kaufen, Zins-Caps (d.h. Zinssatz-Deckelung oder Zinsobergrenzen), Kapitalverkehrskontrollen usw.
Die Regierungen verwenden i.d.R. eine Mischung aus diesen Massnahmen, um die Verschuldung abzubauen, beschreiben Reinhart und Kirkegaard. Aber die Inflation und „finanzielle Unterdrückung“ funktionieren nur für die Schulden im Inland. In der aktuellen politischen Diskussion kommt „financial repression“ unter der Ruprik „makroprudentielle Regulierung“, erklären die Autoren.
Die meisten Regierungen würden Default und Surprise Inflation nur in wirklich verzweifelten wirtschaftlichen Bedingungen in Erwägung ziehen. In Europa wird zwar ein Sparkurs (fiscal austerity) verfolgt. Aber die sinkenden Wachstumsraten machen viel von dem Fortschritt wieder wett. Kein Wunder, dass financial repression erneut auf die Tagesordnung kommt, erklären Reinhart und Kirkegaard.
„Finanzielle Unterdrückung“ begleitet durch eine konstante Dosis von Inflation senkt die Schuldenlast aus zwei Richtungen:
Niedrige Nominalzinsen senken die Kosten des Schuldendienstes.
Negative Realzinsen erodieren die Staatsquote (debt-to-GDP ratio), weil sie wie eine Art Steuer auf die Sparer auswirken.
Reinhart und Kirkegaard betrachten financial repression im weiteren Sinne als eine Rückkehr zu „streng regulierten Finanzmärkten“.
Während die aufstrebenden Volkswirtschaften versuchen, der lockeren Geldpolitik in den fortentwickelten Volkswirtschaften zu entgegnen und „hot money“ zu entmutigen, bedeuten die Massnahmen, die die fortgeschrittenen Volkswirtschaften treffen, dass die Wirtschaftssubjekte für inländische Verschuldung „eingefangen“ werden. Dies bietet für fortgeschrittene und Schwellenländer eine gemeinsame Grundlage für stärkere Einschränkungen für die internationalen Finanzströme, legen Reinhart und Kirkegaard weiter dar.
Als Beispiele für die moderne „finanzielle Unterdrückung“ nennen die Autoren die folgenden Vorgänge:
(a) Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE), das heisst die Anleihekaufprogramme der Regierungen rund um die Welt, (b) Basel III, (c) Grossbritannien: die britschen Banken wurden angehalten, einen grösseren Anteil an UK-Staatsanleihen in den eigenen Büchern zu halten, (d) Spanien: die spanische Regierung hat Zins-Obergrenzen für Bankeinlagen eingeführt und (e) Kapitalverkehrskontrollen in den Emerging Markets.
Fazit: Vor dem Hintergrund der hohen und anhaltenden Arbeitslosigkeit in vielen entwickelten Volkswirtschaften im Zuge der Krise und der weiteren Motivation der Zentralbanken, die Zinsen niedrig zu halten, erwarten die Ökonomen, dass die „finanzielle Unterdrückung“ wahrscheinlich weiter auf der Tagesordnung bleiben dürfte.
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