Niall Ferguson kritisiert in einem Artikel („Austerity Works“) in The Daily Beast die begründete Kritik von Paul Krugman an Europas Austerity Policy (strenge Sparprogramme). Ferguson verweist dabei auf die Schweiz als „die beste Option“. „Ein Land, das von Krugman seltsamerweise ignoriert wird. Die Schweiz hat eine umsichtige Fiskalpolitik während der Wirtschaftskrise geführt“, schreibt der an der Harvard University lehrende britische Wirtschaftsprofessor.
Es stimmt, dass die Schweiz die Folgen der Finanzkrise trotz der Skandale am Schweizer Finanzplatz bisher deutlich besser gemeistert als die EU-Länder. Die Gründe sind (1) der private Verbrauch hat sich als eigentliche Wachstumsstütze erwiesen, (2) es gab am Immobilienmarkt keine Verzerrungen und (3) die SNB hat mit einer raschen und entschiedenen Lockerung der Geldpolitik reagiert.
Darüber hinaus haben die im Rahmen der fiskalpolitischen Konjunkturstützungsprogramme eingeleiteten Infrastrukturprojekte der öffentlichen Hand stimulierend gewirkt.
Schweiz: Geldmultiplikator und Notenbankgeldmenge, Graph: SNB , Monatsheft I, 2011
Das alles hat aber mit Austerity Policy nichts zu tun.
Was Ferguson verschweigt, ist die Tatsache, dass das reale BIP der Schweiz in den Jahren 2004 bis 2007 um 2,8% pro Jahr gestiegen und damit deutlich stärker als das BIP der EU-15 gewachsen ist. Das Wirtschaftswachstum wurde in den der Finanzkrise vorangegangenen 4 Jahren im Wesentlichen vom Überschuss im Aussenhandel getragen. Die Schweiz hat also im Vorfeld der Krise (a) von dem Aufschwung der Weltwirtschaft und (b) der Abschwächung des Frankens stark profitiert.
Der Finanzsektor hat aufgrund des weltweit florierenden Börsen- und Kreditgeschäfts in grossem Masse zum Wirtschaftswachstum beigetragen.
Reale Wertschöpfung der Schweizer Banken und Versicherungen 1990-2009, Graph: SNB
Ferner: Die Schweiz stellt keine Massenprodukte her. Die Schweizer Wirtschaft ist auf Nischenprodukte spezialisiert, wo es auf die Qualität ankommt, wie z.B. Uhren, Maschinen und Autobestandteile.
Die globale Rezession hat aber auch in der Schweiz tiefe Spuren hinterlassen: (i) die Arbeitslosigkeit ist 2009 und 2010 gestiegen, (ii) die Industrie hat in diesem Zeitraum unter der geringeren Auslastung der technischen Kapazitäten gelitten und (iii) die Verwundbarkeit des Landes im Fall von Bankkrisen wurde deutlich vor Augen geführt. Stichwort: TBTF-Problematik der Schweizer Banken.
Im Übrigen ist im Schweizer Immobilienmarkt derzeit eine Spekulationsblase in Sicht, weshalb die SNB besorgt ist.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB ) hat im Sog der Finanzkrise unkonventionelle geldpolitische Massnahmen ergriffen, um u.a. das Deflationsrisiko zu bekämpfen: Als Konsequenz der ausserordentlichen Geldpolitik hat sich die Bilanz der SNB erstens stark verlängert, d.h. sie ist angeschwollen und zweitens ihre Zusammensetzung hat sich deutlich verändert. Die Bilanzsumme hat im Mai 2010 auf das Dreifach auf 300 Mrd. CHF zugenommen. Im Einzelnen wurden die folgenden unkonventionellen Massnahmen getroffen, um die monetären Bedingungen zu lockern: (I) längerfristige Repo-Geschäfte, (II) Devisenswaps, (III ) Kauf von Anleihen privater inländischer Schuldner in CHF und (IV) Devisenkäufe.
Die SNB führt angesichts des nach wie vor angespannten Umfelds der Wirtschaft ihre expansive Geldpolitik weiter.
Wie Ferguson mit dem Hinweis auf die Schweiz als „die beste Option“ für Fiscal Austerity die Demokraten aus den USA tadeln kann, die Lehren aus Europa nicht gelernt zu haben, ist äusserst rätselhaft.
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