Wann hat der IWF Wirtschaft gelernt?, schreibt Dean Baker in einem lesenswerten Kommentar („What makes the IMF think it’s right about Greece?“) in The Guardian.
Das ist, was sich die Menschen auf der ganzen Welt fragen sollten, zumal der IWF letzte Woche seine neueste Bewertung der fiskalischen und ökonomischen Perspektiven für die Länder auf der ganzen Welt vorgestellt hat. Ein grosser Teil der Welt bleibt in der schlimmsten Rezession seit der Grossen Depression stecken: ein Abschwung, den der IWF nicht hat vorhersagen können, wie das Independent Evaluation Office des IWF selbst bemerkt.
Das war nicht einfach ein kleiner Fehler, sondern ein schreckliches Versagen, hebt Baker hervor.
Das macht die IWF-Haltung, die hinter dem anhaltenden Laufwerk für strenge Sparmassnahmen (fiscal austerity) in vielen Teilen der Welt steht, besonders ärgerlich. Wie sollen sich griechische Arbeitnehmer fühlen, wenn ihnen gesagt wird, dass sie für kleinere Renten immer länger arbeiten müssen, während IWF-Ökonomen mit sechsstelligen Renten in die Pension gehen? Die überwiegende Mehrheit der griechischen Arbeitnehmer tut ihren Job. Aber die IWF-Ökonomen haben kläglich versagt, argumentiert der Mitdirektor des Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington.
Die IWF-Ökonomen haben die Auswirkungen der Spekulationsblasen, die sich in den USA, Grossbritannien, Spanien und in den anderen wohlhabenden Ländern bildeten, offenbar nicht verstanden. Die durch den Zusammenbruch der Blasen verursachte Finanz- und Wirtschafskrise hat sie überrascht, beschreibt Baker weiter.
Gibt es einen Grund zu der Annahme, dass diegleichen Leute, die völlig ahnungslos sind, was sich in der Wirtschaft vor rund vier Jahren abspielte, nun qualifizert sind, die Regierungen auf der ganzen Welt zu beraten?
Statt Griechenland und andere Krisenregionen der EU-Volkswirtschaften zu ermutigen, durch zusätzliche Runden von strengen Sparmassnahmen zu gehen, was nur zu einem Rückgang des BIP und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen wird, sollte der IWF der EZB nahelegen, das Inflationsziel auf 3-4% zu erhöhen.
Würde die Eurozone eine moderate Inflationsrate unterhalten, würde es der griechischen Wirtschaft helfen, Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen, ohne dabei einen kontroversen Prozess von Lohn-Deflation zu erleben. Es würde helfen, den realen Wert der Schulden zu erodieren, was die Schuldenlast für die angeschlagenen Länder und Hausbesitzer in der gesamten Eurozone mildern würde.
Ein weiterer Vorteil eines moderat erhöhten Inflationsziels für die Eurozone ist, dass die EZB einfach einen grössen Teil der Anleihen, die sie kauft, übernehmen kann.
Es scheint, dass die IWF-Ökonomen die Wirtschaft heute nicht besser verstehen als vor dem Ausbruch der Finanzkrise, fasst Baker zusammen.
Auch Heiner Flassbeck kann sich mit der Rolle des IWF in der Euro-Krise nicht anfreuden. Der IWF sollte sich aus der Euro-Krise heraushalten, sagt der UN-Chefökonom (UNCTAD) in Genf in einem lesenswerten Interview mit heute.de (ZDF).
„Es ist ein Armutszeugnis, dass die Europäer die gegenwärtige Schuldenkrise nicht selbst in den Griff bekommen. Die Euro-Zone hat ja kein Währungsproblem, sondern ein internes Problem in einer Währungsunion. Der IWF hat damit eigentlich nichts zu tun und sollte sich aus der Euro-Krise heraushalten“, unterstreicht der Autor des Buches „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“.
„Der Fonds konzentriert sich üblicherweise auf die Stabilisierung von Währungen in Krisenfällen. Der Euro hat ein solches Problem aber nicht“, so Flassbeck.
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