John Williams erklärt in seinem lesenswerten Beitrag in FRBSF Economic Letter (2011-17), warum die Fed sich nicht mehr an monetären Aggregaten orientiert, um die Geldpolitik durchzuführen. Der erste grosse Unterschied zwischen der Geldpolitik von heute und der Geldpolitik vor z.B. einer Generation ist, dass die Entscheidungen von heute immer weniger mit der Geldmenge wie z.B. M1 zu tun haben. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass die Zahlungstechnologie sich in den letzten 50 Jahren dramatisch verändert hat, beschreibt der Fed-Präsident von San Francisco. In den 1950er Jahren war es so, dass June Cleaver beim Einkaufen entweder mit Bargeld oder mit einem Scheck bezahlt hat.
Wenn ihr Portemonnaie leer war, musste sie in die Bank gehen, bevor die Bank um drei Uhr geschlossen hat, und Schlange stehen, bis der nächste Schalter frei wurde, um genug Geld abzuheben. Diese einfachen Tatsachen des Lebens haben die monetären Theorien von damals festgelegt. Sie haben sogar die Definition der Geldmenge M1, eine nostalgische Einfachheit aus den 1950er Jahren, geprägt, erläutert Williams.
Zum Beispiel M1: die liquideste Messgrösse des Geldes ist als Bargeld und Münzen, Reisechecks, Sichteinlagen und ähnliche Bankguthaben definiert. Dazu gehören die Messgrössen des Geldes, die June Cleaver für ihre Transaktionen täglich benutzte.
In bezug auf das Verständnis, wieviel Bargeld June halten wollte, könnte die Baumol-Tobin-Theorie zutreffen. In dieser Theorie berechnen die Haushalte, wieviel Male sie in die Bank gehen müssen, um Bargeld abzuheben und wieviel Bargeld sie mitnehmen, basierend auf unannehmlichen Kosten (a) jeder Fahrt zur Bank und (b) des typischen Einkaufsbedarfs pro Monat.
Wie sieht es heute 50 Jahre später aus? Anstatt mit dem Auto zur Bank zu fahren und dann Schlange zu stehen, wollen viele von uns online banking oder ATMs benutzen. Und die Einkäufe können heute mit einem grossen Angebot an Zahlungsmöglichkeiten erledigt werden, wie z.B. mit Kreditkarten, Debitkarten, Geschenkkarten und PayPal, um nur wenige zu nennen, schildert Williams.
Debitkarten und PayPal weisen Ähnlichkeiten mit traditionellen Girokonten auf und könnten daher in die traditionellen Theorien hineinpassen. Aber Kreditkarten präsentieren eine viel grössere Herausforderung. Kreditkarten-Saldos sind in den monetären Aggregaten nicht zu finden, selbst wenn sie einen grossen Anteil der gesamten Transaktionen in den USA ausmachen. Wenn Sie und ich unser Bankkonten trockenlegen, könnten wir trotzdem einkaufen gehen, bis wir unser Guthabensaldo überziehen, so Williams.
Inwiefern gelten die Theorien von Bargeld und Schecks der 1950er Jahre in einer Welt, in der wir sofort einen Kredit im Höhe von mehreren Tausend Dollar mit einem Karten-Durchziehen an der Kasse aufnehmen können?
Als Milton Friedman erstmals das langsame und stabile Wachstum der Geldmenge befürwortete, schrieb er kein Wort über Kreditkarten, überprüfbare Brokerage-Konten oder überprüfbare Home-Equity-Kredit-Konten. In den 1950er Jahren waren diese Innovationen nicht erfunden oder es gab sie nur in einer rudimentären Form.
Die klassische Quantitätstheorie des Geldes sieht wie folgt aus:
M.V = P. Y
Es wird sehr dürftig, wenn traditionelle Messgrössen von M einen immer kleineren Bruchteil des Wertes der Transaktionen ausmachen. Zum Beispiel war die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes M1 rund 3 oder 4 in den 1950er Jahren. Nun beträgt sie rund 8, was einen Rückfall von einem Spitzenwert von etwa 10 ½ vor ein paar Jahren darstellt. Die heutige Wirtschaft verwendet Bargeld und Girokonten viel effizienter als damals.
Es gab eine Reihe von Versuchen, eine breite Messgrösse fürs „Geld“ zu finden, die eine stabile Beziehung mit nominalen Ausgaben aufweist, d.h. eine konstante Umlaufsgeschwindigkeit. Aber trotz wiederholter Bemühungen hat sich die ideale Messgrösse als schwer realisierbar erwiesen. Es ist gerade die Volatilität der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, warum die Fed sich nicht mehr an monetären Aggregaten zur Umsetzung der Geldpolitik orientieren will.
Stattdessen peilt die Fed die kurzfristigen Zinssätze an, insbesondere den Fed Funds Rates und den Zinssatz für die Bankreserven. Durch die direkte Anvisierung dieser Sätze kann die Fed den unsicheren und unvorhersehbaren Zusammenhang zwischen dem Geld und der Wirtschaft umgehen.
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