Montag, 17. Mai 2010

Herausforderungen und Zukunft des Schweizerischen Finanzplatzes

Philipp Hildebrand, SNB-Präsident sagte heute Abend in einem Referat in Zürich, dass die Unsicherheit über die Zukunft Europas die Schweiz und die Schweizerische Nationalbank (SNB) unmittelbar trifft. „Denn die Flucht aus dem Euro führt zu einem starken Aufwertungsdruck auf den Franken und gefährdet damit die Preisstabilität und die konjunkturelle Erholung in der Schweiz. Hildebrand betonte, dass die Schweiz auf die externen Schocks „möglichst flexibel und entschieden“ reagieren werde. Die SNB interveniert bekanntlich seit März 2009 auf dem Devisenmarkt, indem sie Fremdwährungen (v.a. Euro) aufkauft. Devisenkäufe haben daher nichts mit einer „beggar-thy-neigbour“-Politik zu tun, sondern sie dienen zur Bekämpfung der Deflationsgefahr. Devisenkäufe ergänzen das geldpolitische Instrumentarium der SNB in Zeiten der Nullzins-Politik. Ein Überschiessen des Frankens könnte zu einer unerwünschten Straffung der monäteren Bedingungen in der Schweiz führen. Ein starker Franken dämpft nämlich über die Importpreisentwicklung die Konjunktur, was Deflationsgefahr innehat.


Euro / Franken Wechselkurs, Graph : swissquote.ch

Im Referat von Hildebrand ging es um das Thema "Herausforderungen und Zukunft des Schweizerischen Finanzplatzes". Der SNB-Präsident betonte die grosse Bedeutung des Finanzplatzes für das Land und die Wirtschaft. Zugleich verwies er darauf, dass es doch spätestens seit der jüngsten Finanzkrise für jede Bürgerin und jeden Bürger ersichtlich ist, dass der Finanzplatz auch erhebliche Stabilitätsrisiken für die Schweiz birgt“. Laut Hildebrand stehen Schweizer Banken vor zwei grossen Herausforderungen: (1) „Die Banken müssen ihr Kerngeschäft, die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung für ausländische Kunden, über kurz oder lang in einem steuerkonformen Umfeld tätigen“, und (2) „Die Grossbanken müssen sich auf ein regulatorisches Umfeld einstellen, das die TBTF-Problematik deutlich entschärft. Denn weder Bund noch Nationalbanken sollen je wieder vor dem Dilemma stehen, entweder die volkswirtschaftlichen Folgen eines Ausfalls einer Grossbank zu akzeptieren, oder aber das erhebliche finanzielle Risiko von Stabilisierungsmassnahmen zu tragen“.

Der Finanzsektor und seine wirtschaftliche Bedeutung*

Im Finanzsektor sind gut 6% aller Erwerbstätigen in der Schweiz beschäftigt.
Der Finanzplatz erwirtschaftet rund 12% der inländischen Wertschöpfung (d.h. ca. 53 Mrd. CHF pro Jahr).
Die Arbeitsproduktivität ist doppelt so hoch wie in der Industrie oder im Handel.


* Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum 2000 bis 2007 (also vor der Krise).


Reale Wertschöpfung der Schweizer Banken und Versicherungen 1990-2009, Graph: SNB

Der Finanzsektor bringt aber laut Hildebrand nicht nur einen grossen volkswirtschaftlichen Nutzen für die Schweiz. „Er birgt auch erhebliche Risiken“. Hildebrand hat in diesem Zusammenhang vier spezifische Risiken hervorgehoben: Schwankungen in der (a) Wertschöpfung und (b) Beschäftigung des Finanzsektors, (c) instabile Einnahmen der öffentlichen Haushalte und (d) mögliche Auswirkungen auf Kreditbedingungen für inländische Haushalte und Firmen.

Als Fazit vertritt Hildebrand die Ansicht, dass die Schweiz vom eingeschlagenen Weg in der Regulierung in zweifacher Hinsicht profitieren kann: (I) „Er stärkt die Stabilität des Finanzsektors und (II) Er kann die Profitabilität der Banken und den volkswirtschaftlichen Nutzen des Finanzsektors nachhaltig erhöhen“.


Einnahmen der Schweizer Banken und Versicherungen aus Dienstleistungsexporten 1990-2009, Graph: SNB

Wie die jüngste Finanzkrise gezeigt hat, haben die Verluste im Bankensektor die Schweizer Wirtschaft in Gefahr gebracht. Warum sind aber die Erträge im Bankensektor besonders volatil? Verluste kommen v.a. aus dem Eigenhandel, d.h. aus dem Geschäft, das die Banken nicht im Auftrag eines Kunden, sondern aus eigenem Antrieb abwickeln. Weitere Gründe sind exzessive Risikofreudigkeit, übermässige Verschuldung und mangelnde Regulierung. Im Eigenhandel-Geschäft ist seit 1996 kaum Eigenkapitalanforderungen vorgeschrieben. Das klassische Bankengeschäft findet heute kaum statt. Da die Grossbanken aber zu kurzfristig orientiert sind, sind ihre Geschäfte hohen Risiken ausgesetzt, was die Wirtschaft nicht unterstützt. Die Frage ist also, wieso die Verluste der Banken von der Allgemeinheit getragen werden? Warum nicht von den Eigentümern, d.h. den Aktionären?

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