Mark Thoma befasst sich in seinem Blog mit der Frage, ob die Arbeitslosigkeit zyklisch oder strukturell ist. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor deutet vorerst auf eine Stellungnahme von Brad DeLong hin: „Erinnern wir uns daran, wie die strukturelle Arbeitslosigkeit aussieht? Die Wirtschaft ist depressiv und die Arbeitslosigkeit ist hoch, nicht weil die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bedingt durch den Zusammenbruch der Ausgaben flau ist, sondern weil „strukturelle“ Faktoren ein Missverhältnis (mismatch) zuwischen den Fähigkeiten der Arbeitskräfte und der Verteilung der Nachfrage hergestellt haben“.
Mit all dem Gerede darüber, ob das Problem der Arbeitslosigkeit konjunkturell oder strukturell ist (es ist meistens zyklisch), suchen viele Menschen nach Masseinheiten von Missverhältnissen, um zu festzustellen, wie viel des Problems strukturell ist. Aber Vorsicht ist geboten, was die Interpretation der Missverhältnis-Daten betrifft, erklärt Thoma.
Angenommen, Sie haben in der „Stadt A“ ein Geschäft und Sie brauchen jemanden, der ein kompliziertes Gerät bedienen soll. Leider ist die Grösse der „Stadt A“ relativ mässig und es stehen keine qualifizierten Bewerber zur Verfügung. Sie haben zwar vor Wochen ein Stellenangebot geschaltet. Aber es gibt keine Bewerbungen darauf. Das klingt wie ein klassischer Fall der strukturellen Arbeitslosigkeit. Es gibt einen Bedarf nach Arbeitskräften mit einer anderen Fertigkeit, aber es muss nicht ein strukturelles Problem sein.
Angenommen, die Wirtschaft ist in einer Rezession und das Geschäft läuft nicht gut. Aus diesem Grund können Sie nicht einen sehr hohen Lohn bieten. Es stellt sich heraus, dass es in der nächsten „Stadt B“ einen qualifizierten Arbeiter gibt, der aufgrund eines unternehmerischen Scheiterns durch die Rezession entlassen worden ist. Aber der Arbeitnehmer ist nicht bereit, zu dem Lohn, den Sie bieten, umzuziehen. Der Arbeitnehmer hat einen Job und kann überleben, obwohl die Entlohnung viel weniger als vorher und der Arbeitnehmer unterbeschäftigt ist. Der Arbeitnehmer ist fehlangepasst. Aber die Familie kommt irgendwie zurecht, legt Thoma dar.
Allerdings, wenn die Dinge besser wären, wenn die Wirtschaft bei Vollbeschäftigung brummen würde, könnte der Arbeitgeber in der „Stadt A“ einen höheren Lohn anbieten und den Arbeitnehmer in der „Stadt B“ veranlassen, umzuziehen. Wenn dem so ist, dann ist die Arbeitslosigkeit zyklisch, nicht strukturell. Es gibt Missverhältnis (mismatch), aber das Missverhältnis wird durch die mangelhafte Nachfrage getrieben.
Der Punkt ist, dass wir, wenn wir über strukturelle Arbeitslosigkeit reden, annehmen, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht ein Problem ist. Die strukturelle Arbeitslosigkeit muss unter der Annahme einer Vollbeschäftigung gemessen werden. Das heisst, wie viele Missverhältnisse würden bei Vollbeschäftigung bestehen bleiben? Strukturelle Arbeitslosigkeit wird durch Veränderungen in Geschmack, Technologie usw. getrieben, welche geographische Missverhältnisse, und Missverhältnisse, die Fertigkeiten und andere betreffen, herstellen, die eine Wiederbeschäftigung verhindern, beschreibt Thoma.
Wenn es z.B. zu einer Änderung im Geschmack kommt, was die Nachfrage nach Hula Hoops verringert und die Nachfrage nach Skateboards erhöht, oder eine Änderung in der Technologie, was die Nachfrage nach Schreibmascheinen verringert und die Nachfrage nach Textverarbeitungssoftware erhöht, dann müssen die Arbeitskräfte und andere Ressourcen aus der Hula-Hoop- und Schreibmaschinen-Produktion in die Herstellung von Skateboard und Textverarbeitungsgeschäft bewegt werden.
Beachten Sie jedoch, dass das Problem nicht ein Mangel an Nachfrage ist, betont Thoma. Die Menschen wollen mehr Skateboards und Textverarbeitungssoftware als sie derzeit haben, sodass im Gegensatz zu dem obigen Beispiel, wo eine höhere Nachfrage und die höheren Löhne, die daraus entstehen, den Arbeitnehmer veranlassen, umzuziehen und das Missverhältnis beheben, ein Anstieg der Nachfrage das Problem nicht löst. Wenn ein Anstieg der Nachfrage das Problem beheben würde, wie im obigen Fall, dann ist es kein strukturelles Problem.
Die Quintessenz ist, dass es, um eine strukturelle Arbeitslosigkeit in einer Rezession zu messen, nicht reicht, einfach nur den Arbeitsmarkt zu untersuchen und die Missverhältnisse zu zählen. Man muss wissen, ob diese Missverhältnisse auf dem Niveau der Nachfrage, die im Einklang mit der Vollbeschäftigung steht, anhalten würden. In dem Masse, wie das Problem des Missverhältnisses wegen der mangelhaften Nachfrage und der Löhne und der Preise, die zu niedrig sind, Ressourcenbewegungen zu deren optimalen Nutzung hervorrufen, ist das Problem zyklisch, nicht strukturell, erläutert Thoma.
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