Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Freitagskolumne („The Mistake of 2010“) in NYT weiter mit dem Thema, ob wir heute die geld- und fiskalpolitischen Fehler der Vergangenheit wiederholen oder nicht. Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor deutet auf eine in der Woche veröffentlichte Forschungsarbeit der Federal Reserve Bank of New York hin. Es handelt sich dabei um den „Fehler von 1937“, den vorzeitigen geld- und fiskalpolitischen Rückzug, der die Grosse Depression (Great Depression) in den USA verlängert hat.
Wie Gauti Eggertsson aufzeigt, weisen wirtschaftliche Bedingungen heute eine starke Ähnlichkeit mit denen von 1936-37 auf: Output wächst, einige Preise steigen, aber die Arbeitslosigkeit bleibt immer noch sehr hoch. Die Frage ist, ob die modernen Entscheidungsträger heute denselben Fehler wiederholen werden oder nicht?
Eggertsson antwortet: „Nein. Die Ökonomen wissen es jetzt besser“. Aber Krugman stimmt nicht zu. „In der Tat haben wir den „Fehler von 1937“ bereits wiederholt“, argumentiert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Er nennt es „Fehler von 2010“: ein Schwenk weg von Jobs in Richtung andere Sorgen, deren Verschrobenheit durch die jüngsten Konjunkturdaten hervorgehoben werden, so Krugman.
Als das Obama-Konjunkturprogramm (stimulus) erlassen wurde, warnten einige von uns, dass es zu klein und zu kurzlebig ist. Zu Beginn des Jahres 2010 war es bereits offensichtlich, dass diese Bedenken begründet waren. Doch wurde es irgendwie eine gängige Meinung, dass das Defizit, nicht die Arbeitslosigkeit Staatsfeind Nr. 1 ist, erklärt Krugman.
Nun stehen wir hier in der Mitte des Jahres 2011. Wie geht’s weiter? Die Bond Vigilantes existieren nur in der Phantasie der Defizit-Falken. Und die Nachrichten sind in der Tat schlimm. Der Stimulus klingt ab, genau so wie die Hoffnungen auf eine Erholung der Wirtschaft. Daher hält Krugman fest, dass der Fehler von 1937 bereits wiederholt worden ist, mit dem viel zu frühen Rückzug der fiskalpolitischen Unterstützung und sich der verewigenden hohen Arbeitslosigkeit.
Doch könnte laut Krugman Schlimmeres bald passieren. Auf der fiskalpolitischen Seite fordern Rebuplikaner sofortige Ausgabenkürzungen als Preis für die Anhebung der Schuldengrenze (debt ceiling) und zur Vermeidung eines Zahlungsverzugs (default). Gelingt diese Erpressung, dürfte es zu einem weiteren Hemmschuh für die ohnehin schwache Wirtschaft kommen.
Inzwischen verlangt ein lauter Chor, dass die Fed die Zinsen erhöhen soll, um die drohende Inflationsgefahr abzuwehren. Wie die Forschungsarbeit der New York Fed klar macht, bleibt die Kerninflation niedrig.
Dem Fehler von 1937 folgt nun wahrscheinlich ein noch grösserer Fehler. Selbst wenn das nicht geschieht, ist es Tatsache, dass die politische Reaktion auf die Krise weitaus unangemessen war und bleibt, fasst Krugman als Fazit zusammen.
Wer sich weigert, aus der Geschichte zu lernen, wird verdammt, sie zu wiederholen. Und wir tun es. Was wir erleben, ist nicht eine vollständige Wiederholung der Great Depression, aber es ist ein schwacher Trost für die Millionen von amerikanischen Familien, die unter dem Abschwung leiden, der sich fortsetzt, legt Krugman dar.
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