Die folgende Abbildung (h/t to Mark Dittli), die
Finanz und Wirtschaft am Freitag geliefert hat, regt an, darüber
nachzudenken, was passiert, wenn die eine wichtige Regel in einer Währungsunion
nicht eingehalten wird.
Worum geht es?
Eine Währungsunion wie die EMU bedeutet in erster
Linie, dass die Mitgliedstaaten sich einigen, ein gemeinsam festgelegtes
Inflationsziel (inflation targeting)
zu verfolgen, weil sie im Vorfeld auf die Ausgestaltung einer autonomen Geldpolitik
verzichten. Die Geldpolitik wird von der EZB gemacht, und zwar für alle
Mitgliedstaaten.
Alle Mitglieder der EMU müssen sich daher daran
halten, dass die Inflationsrate im eigenen Land rund 2% beträgt. Das ist genau
der Zielwert, der von der EZB angestrebt wird.
Was in der Abbildung ins Auge sticht, ist, dass Frankreich das einzige Land in der EMU
ist, das den Zielwert in den vergangenen Jahren eingehalten hat:
2% Inflation pro Jahr macht in 14 Jahren rund 32%.
Frankreichs Lohnstückkosten sind um genau 32% in rund 15 Jahren gestiegen. In Deutschland hingegen sind die
Lohnstückkosten im selben Zeitraum um 15% gestiegen. Das heisst, dass
Deutschland den Zielwert um rund 50% unterboten hat.
Verlauf der Lohnstückkosten (ULC: unit labor cost), in der EMU, Graph: Finanz und Wirtschaft via Societé
Générale
Wichtig ist hier, daran zu erinnern, dass die
deutschen Lohnstückkosten seit der EUR-Einführung entweder stagnierten oder
sogar gesunken sind, wie es auch in der Abbildung ersichtlich ist.
Und das deutet auf “Lohnmoderation” durch Berlin
hin. Dadurch hat Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit gesteigert. Manche
Mitgliedstaaten (z.B. Portugal, Irland usw.) haben zwar über ihre Verhältnisse
gelebt. Deutschland hat aber unter seinen Verhältnissen gelebt.
Während im ersten Fall mit der Zeit die Gefahr von Inflation
und Überhitzung der Wirtschaft besteht, besteht im zweiten Fall die Gefahr von
Deflation und Depression.
Die Kernursache der europäischen Krise ist nicht
eine verschwenderische Haushaltsführung in Mitgliedstaaten, sondern die Leistungsbilanzdifferenzen,
die durch die Lücke in Wettbewerbsfähigkeit entstehen, die wiederum auf die
Nichteinhaltung (d.h. Abweichung nach oben oder nach unten) des Inflationsziels
zurückzuführen sind.
Zu niedrige Inflation (genauso wie zu hohe
Inflation) reicht nicht aus, Finanz- und makroökonomische Stabilität (in der
EMU) zu gewährleisten.
Der disparate Verlauf der Lohnstückkosten in der
EMU zeigt, welcher Schaden in den einzelnen Volkswirtschaften Europas entstehen
kann, wenn zugleich die Austeritätspolitik an der Nullzins-Grenze die Eurozone
tiefer in die Rezession drückt.
PS:
Die Löhne sollten im Prinzip in jedem Mitgliedstaat um die eigene Produktivität
plus das Inflationziel der EZB steigen, damit eine Konvergenz der
Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden kann.
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