Mittwoch, 28. Oktober 2015

Austerität versus Niedrigzinsen

Italien hat am Dienstag zum ersten Mal ein Staatspapier mit zwei Jahren Laufzeit zu einer negativen Rendite verkauft. Während das Anleihevolumen sich auf 1,75 Mrd EUR belief, ergab sich eine Rendite von minus 0,023%.

Damit gehört Italien zu einer “auserwählten” Gruppe von Ländern, wie z.B. Deutschland, Frankreich und die Schweiz, die seit geraumer Zeit Staatsanleihen mit Negativ-Rendite versteigern.

Die negative Rendite für festverzinsliche Papiere der öffentlichen Hand bedeutet, dass die Investoren dem italienischen Staat (mit debt-to-GDP ratio von 136% per 2014) Geld zur Aufbewahrung leihen und dafür etwas zahlen.

Das ist ein Anlass, die Austeritäts-Rhetorik der europäischen Entscheidungsträger in Erinnerung zu rufen:

Die Politiker verwiesen seit dem Ausbruch der Krise, der Defizitpanik verfallend, auf die Verschuldung der Länder an der Peripherie der Eurozone, um die harschen Sparmassnahmen zu rechtfertigen.

Wir müssen die Gürtel enger schnallen, um das Vertrauen der Märkte zu gewinnen, weil die Zinsen sonst massiv steigen und die Inflation durch die Decke schiessen würde, so oder ähnlich lautete die von der neoklassischen Orthodoxie geprägte Hauptaussage der europäischen Protagonisten immer und immer wieder.



Italien Staatspapiere mit zwei Jahren Laufzeit, Graph: Finanz und Wirtschaft



Die Niedrigzinsen legen nahe, dass die Verschuldung die Märkte überhaupt nicht beunruhigt.

Die Troika hat die Euro-Krise durch die Sparpolitik (fiscal austerity) in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft nur weiter verschärft. Haushaltskonsolidierung in einer Rezession führt zur Schrumpfung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Die Austerität ist fehl am Platz.

Die ausschlaggebende Ursache der Euro-Krise sind nicht die Haushaltsdefizite, sondern die Handelsungleichgewichte in der Eurozone. Notwendig ist daher das Ende des Spardiktats und der Lohnkürzungen.

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