Die nominalen Zinsen liegen nahe null (zero lower bound). Wenn eine Zentralbank
mit Zinssenkung die Wirtschaft ankurbeln wollte, könnte sie es nicht. Wenn sie
aber die Zinsen erhöhen will, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern,
kann sie es.
Wenn die Fed im nächsten Jahr die Zinsen erhöhen
und dann ein Jahr später denken würde, dass sie einen Fehler gemacht hat,
könnte sie den Fehler durch die Senkung der Zinsen auf null wieder korrigieren.
Aber sie könnte den Schaden durch weitere Zinssenkung nicht aufheben, um die
unnötige (durch die Zinsanhebung verursachte) Kontraktion der Wirtschaft
auszugleichen, bemerkt Brad DeLong
in seinem Blog.
Die Fed soll also die Zinsen an der Nullzins-Grenze
nicht erhöhen. Die richtige geldpolitische Massnahme wäre, mit der
“Zinserhöhung hinter der Kurve zu bleiben” (*), hält der an der University of California, Berkeley
lehrende Wirtschaftsprofessor fest.
Was ist zu tun? Es gibt Ökonomen (pro), die seit
langer Zeit eine sofortige Zinserhöhung befürworten, während es Ökonomen (contra)
gibt, die eine Zinserhöhung derzeit für verfrüht halten.
Das contra-Argument deutet auf die
Produktionslücke, das deflationäre Risiko und die angespannte Situation auf dem
Arbeitsmarkt hin.
Das pro-Argument, wie es von Roger Farmer am Wochenende in seinem Blog formuliert wurde, lautet,
dass die Zinserhöhung notwendig ist, um einen Anstieg der Inflation
herbeizuführen.
Der an der UCLA
lehrende Wirtschaftsprofessor begründet seinen Standpunkt so, dass es zu einem
Kursabsturz an den Aktienmärkten käme und die reale Wirtschaft sich
verschlechtern würde, wenn die Zentralbank, die die Zinsen erhöht, gleichzeitig
nicht Vertrauen schaffen würde.
Die Zentralbank braucht daher ein zweites
Instrument: QE fürs Volk (Peoples QE).
Das heisst, dass eine Zinserhöhung durch eine
andere expansive Massnahme ausgeglichen werden muss, um eine Normalisierung der
Zinssätze zu verhindern, damit keine neue Rezession ausgelöst wird.
Das ist die “neo-Fisherian”
(**) Position, wie Farmer es selbst betont.
Die Fiskalpolitik soll in Form von einer
Transfer-Zahlung erfolgen, und zwar an jeden inländischen Bürger, nicht in Form
von erhöhten Staatsausgaben.
Weil (1) Transfer-Multiplikatoren gross sind und er,
Farmer (2) dem Markt in Bezug auf die Allokation von Fiscal Stimulus mehr vertraut als dem Staat.
Scott
Sumner schreibt hingegen in seinem Blog, dass der geldpolitische Stimulus nicht von der Zinssenkung kommt, sondern
von der Relation der Zinssenkung zum Wicksellian
natural rate (dem natürlichen Zinssatz). (***)
Das Problem mit der Zinserhöhung ist, dass der Gleichgewichtszins
dadurch reduziert würde, so der an der Bentley
University forschende Wirtschaftsprofessor. Damit hätte die Notenbank in
Zukunft weniger Spielraum, zu agieren.
Wenn die Zentralbank also besorgt ist, nicht über
genügend Spielraum zu verfügen, bevor sie an der Nullzins-Grenze landet, um die
Wirtschaft in der nächsten Rezession anzukurbeln, soll sie heute von der
Zinserhöhung Abstand nehmen.
Stimmt es? Tja, die bittere Erfahrung, die EZB und die Riksbank machten, unterstreicht Sumners Argumentation: Die EZB hat im
Jahr 2011 (April und Juli) die Zinsen zu früh erhöht und sie dann wieder senken
müssen. Die Riksbank hat die Zinsen in den Jahren 2010 und 2011 von 0,25% auf 2%
erhöht und dann eingestehen müssen, dass sie einen Fehler begangen hat.
(*) Die Fed bleibt “hinter der Kurve” bedeutet, dass sie zu spät auf die Erholung der
Wirtschaft reagiert. Das heisst, dass sie viel früher die Zinsen hätte erhöhen müssen.
Die Fed hat m.a.W. eine zu dovishe Geldpolitik
betrieben, wo es eine hawkishe
Geldpolitik notwendig gewesen wäre.
(**) Das ist die Präposition, dass der Anstieg der
Zinsen, wenn wir an der Nullzins-Grenze mit dem Geld gestättigt sind, zu einem
Anstieg der Inflation führt.
Die Verfechter der “neo-Fisherian”-Position denken, dass Niedrigzinsen Deflation
auslösen, und höhere Zinsen Inflation verursachen. Die Idee basiert auf Irving Fisher
Gleichung: Nominal-Zinsen = Realzinsen + Inflation. Das ist keine Annahme,
sondern nur eine Definition.
Brad DeLong, Paul Krugman, Scott Sumner, David
Beckworth, Ryan Avent können sich mit der Idee nicht anfreunden.
(***) Knut Wicksell unterscheidet nach zwei Zinssätzen:
Der Geldsatz (Darlehenszins) ist der Zins, zu dem die Banken Kredit gewähren.
Und der natürliche Zinssatz ist das langfristige durchschnittliche Zinsniveau
auf dem Kapitalmarkt. Manche Autoren sprechen auch von der marginalen
Produktivität des Kapitals.
Wenn der Geldzins höher liegt als der natürliche
Zins, kommt es zu Deflation.
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