Samstag, 3. Oktober 2015

Negativzinsen und Nebenrisiken für Finanzstabilität

Fritz Zurbrügg, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat am Donnerstag auf der KOF Prognosetagung in Zürich im Rahmen eines Referats (“Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen?”) betont, dass der Negativzins zurzeit zur Sicherstellung angemessener geldpolitischer Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft unabdingbar ist.

Es gebe aber auch Risiken für die Finanzstabilität: Aufbau von Ungleichgewichten auf Kreditmärkten und bei Vermögenspreisen. 

Die Entwicklung der Hypothekarmarktzinsen scheine sich von der SNB-Zinspolitik entkoppelt zu haben, erklärt Zurbrügg.

(1) Wenn die Nachfrage der privaten Haushalte aufgrund von Renditeüberlegungen nach Immobilieninvestitionen steigt, entstehen Renditen, die deutlich über jenen von alternativen Anlagen liegen.

Diese Renditedifferenz kann die Preise weiter nach oben treiben. Deshalb muss das Segment der Wohnrenditeliegenschaften von der Notenbank sorgfältig im Auge behalten werden.


Zinssätze von Festhypotheken, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB in: “Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen?”, Oct 1, 2015



(2) Das zweite Risiko bestehe laut Zurbrügg aufgrund der in einem Tiefzinsumfeld sinkenden Passivmargen.


Schweizer Hypotheken im Verhältnis zum BIP, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB in: “Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen?”, Oct 1, 2015

Es betrifft Zinsänderungsrisiken und damit die potenziellen ökonomischen Verluste der Bank. Konkret: Die Gefahr, dass die Fristenkongruenz vergrössert wird.



Depositen- und Geldmarktsätze, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB in: “Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen?”, Oct 1, 2015


(3) das dritte Risiko droht, dass auch Nichtbanken wie Versicherungen und Pensionskassen Hypothekarkredite vergeben und damit den Wettbewerbsdruck auf die Banken erhöhen.

Schmälerung des Gewinns kann u.U. den Kapitalbedarf der Banken erhöhen. Wenn die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems dadurch abnimmt, können sich die Risiken für die Finanzstabilität erhöhen.



Effektiver CHF-Wechselkurs, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB in: “Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen?”, Oct 1, 2015


PS:

Niedrigzinsen machen Banken zu schaffen, hören wir in diesen Tagen öfters. Kosten übersteigen Erträge. Die Notenbanken sollen die Zinsen endlich erhöhen.

Der netto Zinsertrag der Banken korreliert positive mit der Höhe der kurzfristigen Zinsen, schreibt BIS in einem neulich veröffentlichten Working Paper (“The influence of monetary policy on bank profitability”) im Oktober.

Es ist der sog. Endowment Effect, so die BIS (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) weiter: Wenn der Abschlag auf Marktzinsen kleiner wird, erhöht die Straffung der geldpolitischen Zügeln den netto Zinsertrag der Banken.

Es ist also wirklich im Interesse der Banker, eine Straffung der Geldpolitik zu fordern, auch wenn es angesichts des Zustands der Wirtschaft unangemessen ist, wie Paul Krugman in seinem Blog unterstreicht.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Banker sehr kurzfristig orientiert sind, wegen der saftigen Bonus, die winken.

Fazit: Es ist die politische Ökonomie der Geldpolitik: follow the money.


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