Es ist offensichtlich, dass die Austeritätspolitik
eine besondere Eigenschaft der anhaltenden Rezession ist.
Da nach dem Lehrbuch träges Wirtschaftswachstum und
Fiscal Austerity in Zusammenhang stehen, hält sich jede halbwegs vernünftige
Regierung i.d.R. davor zurück, in einer schweren Rezession die Staatsausgaben
zu kürzen oder die Steuern zu erhöhen.
Neulich hat sich der Chefökonom des deutschen
Finanzministeriums in einem wunderlichen Meinungsartikel (“What the bankers can teach stimulus-addicted economists”) in FT über
zu viel Stimulus im Euro-Raum beschwert. Seiner Ansicht nach sollen stattdessen
Schulden abgebaut werden.
Das heisst, dass die rigorose Haushaltskonsolidierung in einer schwer angeschlagenen
Wirtschaft wider besseres Wissen fortgesetzt werden soll. Was Ludger Schuknecht
m.a.W. will, ist, dass alle anderen EU-Länder genau wie Deutschland einen immensen
Handelsbilanzüberschuss vorlegen sollen.
Das ist natürlich aus makroökonomischen Gründen absurd
und aus praktischen Gründen unmöglich. Paul Krugman hat dazu neulich kritisch
Stellung genommen.
Nun meldet sich auch Simon Wren-Lewis in seinem Blog zu Wort: Die Amtsleute in
Deutschland sollen nicht auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft
hinweisen, um ihre eigene anti-keynesianische Ansicht zu rechtfertigen.
Euro Area Inflation, Graph: Peter Praet, ECB, Oct 8, 2015
Es darf darüber hinaus nicht vergessen werden, dass Deutschland selbst im
Jahr 2009 ein Stimulus-Paket geschnürt hat. Noch wichtiger ist aber, dass das
Land sich durch die Unterbietung der Euro-Nachbarstaaten mittels Lohnmoderation
einen enormen Wettbewerbsvorteil verschafft hat, betont der an der Oxford University in London lehrende
Wirtschafsprofessor.
Das ist nichts anderes als beggar my neighbour-Politik (sprich: Währungsabwertung), so
Wren-Lewis weiter. Es ist eigentlich eine Art Nachfrage-Anregung, mit dem
Unterschied, dass die Nachfrage aus anderen Ländern "importiert" wird.
Ob das absichtlich geschehen ist oder nicht, mag
dahin gestellt sein. Aber die Amtsleute in Deutschland sollen zweimal überlegen, bevor sie über die Performance der Euro-Nachbarstaaten laut werden.
Sonst würden die Euro-Nachbarstaaten sich irgendwann ein Herz
fassen und beginnen, zu klagen, dass Deutschland auf Kosten südeuropäischer
Länder lebt und dass der gegenwärtige Wohlstand das Ergebnis von Diebstahl ist,
argumentiert Wren-Lewis.
Wenn ein Land durch Lohnzurückhaltung das gemeinsam
festgelegte Inflationsziel in einer Währungsunion unterläuft und dadurch
Wettbewerbsvorteile gewinnt, kommt es nicht darum herum, einen bestimmten
Zeitraum eine überdurchschnittliche Inflation zuzulassen, um die genannten
Vorteile wieder rückgängig zu machen, weil der Anpassungsprozess für die anderen Länder sonst unerträglich wird.
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