Alle vernünftig forschenden Ökonomen sind sich mehr
oder weniger einig, dass die Niedrigzinsen nicht die Ursache, sondern ein Symptom
der Krise sind.
Die Antwort auf die Frage, warum die Zinsen im Jahr
2008 völlig abgestürzt sind, ist nicht vollständig, wenn man sagt, dass die Fed
es getan hat, schreibt David Andolfatto
in einer aktuellen Forschungsarbeit (“A
Model of US Monetary Policy Before and After the Great Recession”)
Es gibt natürliche Marktkräfte, die die Zinsen nach
unten drucken, wenn die wirtschaftlichen Aussichten gedämpft sind. Ob die sich
zurückbildenden Erwartungen das Nebenprodukt eines rationalen Pessimisums oder
einer irrationalen Angst sind, ist im Hinblick auf die Auswirkungen auf den
Markt irrelevant, unterstreicht der stellvertretende Vorsteher der
Forschungsabteilung der Fed St. Louis.
Ben
Bernanke erzählt in seinem neuen Buch (“The Courage to Act”), dass die Erschütterungen im Jahr 2008 so schlimm
waren, dass wir eine vollständige Wiederholung der Great Depression hätten
erleben können.
Das ist zum Glück nicht passiert, weil die Fed
reagiert hat, gestützt auf die Lehren aus den 1930er Jahren. Die US-Notenbank
hat dieses Mal rasch gehandelt, um das Finanzystem zu stützen, hebt der
ehemalige Fed-Präsident hervor.
Notenbankgeldmenge (monetary base) und Preisniveau (PCE),
Graph:
David Andolfatto in: (“A Model of US Monetary Policy Before and After the Great Recession”)
Die Geschichte der Finanzkrise von 2008 ist nicht
schwer zu erzählen. Hat aber der Unterschied wirklich an Aktionen der
Zentralbank (einschliesslich bailouts)
gelegen?
Es ist wahr, dass die 1930er Jahren von grossen finanziellen
Zerrüttungen geplagt waren. Aber auch die Krise von 2008/2009 war von einem
ähnlichen Zusammenbruch begleitet.
Warum waren aber die Störungen trotz
Rettungsaktionen und Liquiditätshilfen so gewaltig? Die Banken sind im grossen
und ganzen nicht zusammengestürzt.
Es gab einen grossen Unterschied zwischen der Welt
im Jahr 2008 und der Welt im Jahr 1930: big government, betont Paul Krugman in seinem Blog.
Vielleicht ist es nicht jederman bewusst, aber, es waren die sog. automatischen
Stabilisatoren, die halfen. Das US-Haushaltsdefizit ist in den Jahren 2007-2010
ist viel mehr gestiegen als in den Jahren 1930-1933, obwohl der Abschwung viel
milder war. Warum? Weil der Anteil der Steuereinnahmen und Ausgaben der
öffentlichen Hand am BIP heute viel höher ist.
Das hohe Haushaltsdefizit war also eine gute Sache,
die dazu beigetragen hat, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.
Bernanke hat energisch eingegriffen. Das ist
richtig, so Krugman weiter. Was aber seiner Ansicht nach viel wichtiger ist als
die geldpolitischen Aktionen das fiskalische Umfeld, welches zur Schadensbegrenzung
wesentlich beigetragen hat.
Krugmans Narrativ überzeugt, wenn man daran denkt,
dass die Entscheidungsträger in Europa alles getan haben, die vorteilhaften
Auswirkungen von automatischen Stabilisatoren zu stoppen, z.B. durch die Senkung der
Staatsausgaben, die Kürzung der Löhne und Sozialleistungen und weitere harsche
Sparmassnahmen.
Es ist daher ein Armutszeugnis, dass Europas Performance
heute im Vergleich zu den 1930er Jahren erheblich schlimmer ist.
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