Donnerstag, 8. Oktober 2015

Was oder Wer hat die Wirtschaft vor dem Untergang gerettet?

Alle vernünftig forschenden Ökonomen sind sich mehr oder weniger einig, dass die Niedrigzinsen nicht die Ursache, sondern ein Symptom der Krise sind.

Die Antwort auf die Frage, warum die Zinsen im Jahr 2008 völlig abgestürzt sind, ist nicht vollständig, wenn man sagt, dass die Fed es getan hat, schreibt David Andolfatto in einer aktuellen Forschungsarbeit (“A Model of US Monetary Policy Before and After the Great Recession”)

Es gibt natürliche Marktkräfte, die die Zinsen nach unten drucken, wenn die wirtschaftlichen Aussichten gedämpft sind. Ob die sich zurückbildenden Erwartungen das Nebenprodukt eines rationalen Pessimisums oder einer irrationalen Angst sind, ist im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Markt irrelevant, unterstreicht der stellvertretende Vorsteher der Forschungsabteilung der Fed St. Louis.

Ben Bernanke erzählt in seinem neuen Buch (“The Courage to Act”), dass die Erschütterungen im Jahr 2008 so schlimm waren, dass wir eine vollständige Wiederholung der Great Depression hätten erleben können.

Das ist zum Glück nicht passiert, weil die Fed reagiert hat, gestützt auf die Lehren aus den 1930er Jahren. Die US-Notenbank hat dieses Mal rasch gehandelt, um das Finanzystem zu stützen, hebt der ehemalige Fed-Präsident hervor.



Notenbankgeldmenge (monetary base) und Preisniveau (PCE), Graph:
David Andolfatto in: (“A Model of US Monetary Policy Before and After the Great Recession”)



Die Geschichte der Finanzkrise von 2008 ist nicht schwer zu erzählen. Hat aber der Unterschied wirklich an Aktionen der Zentralbank (einschliesslich bailouts) gelegen?

Es ist wahr, dass die 1930er Jahren von grossen finanziellen Zerrüttungen geplagt waren. Aber auch die Krise von 2008/2009 war von einem ähnlichen Zusammenbruch begleitet.

Warum waren aber die Störungen trotz Rettungsaktionen und Liquiditätshilfen so gewaltig? Die Banken sind im grossen und ganzen nicht zusammengestürzt.

Es gab einen grossen Unterschied zwischen der Welt im Jahr 2008 und der Welt im Jahr 1930: big government, betont Paul Krugman in seinem Blog.

Vielleicht ist es nicht jederman bewusst, aber, es waren die sog. automatischen Stabilisatoren, die halfen. Das US-Haushaltsdefizit ist in den Jahren 2007-2010 ist viel mehr gestiegen als in den Jahren 1930-1933, obwohl der Abschwung viel milder war. Warum? Weil der Anteil der Steuereinnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand am BIP heute viel höher ist.

Das hohe Haushaltsdefizit war also eine gute Sache, die dazu beigetragen hat, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.

Bernanke hat energisch eingegriffen. Das ist richtig, so Krugman weiter. Was aber seiner Ansicht nach viel wichtiger ist als die geldpolitischen Aktionen das fiskalische Umfeld, welches zur Schadensbegrenzung wesentlich beigetragen hat.

Krugmans Narrativ überzeugt, wenn man daran denkt, dass die Entscheidungsträger in Europa alles getan haben, die vorteilhaften Auswirkungen von automatischen Stabilisatoren zu stoppen, z.B. durch die Senkung der Staatsausgaben, die Kürzung der Löhne und Sozialleistungen und weitere harsche Sparmassnahmen.

Es ist daher ein Armutszeugnis, dass Europas Performance heute im Vergleich zu den 1930er Jahren erheblich schlimmer ist.

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