Dienstag, 25. Juni 2013

Deutschland hat Investitionslücke


Die deutsche Wirtschaft stagniert auch im zweiten Quartal wie der gestern vorgelegte ifo-Index bestätigt. Export ist in dieser fragilen Weltwirtschaft kein verlässlicher Pfeiler für die Konjunktur, bemerkt Heiner Flassbeck in seinem Blog dazu. Nichts spricht dafür, dass sich die deutsche Binnennachfrage in diesem oder im nächsten Jahr belebt, hebt der ehemalige Chefvolkswirt der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) hervor.

Bekannt ist, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland seit 1999  im Vergleich zum Euroraum niedriger war. Und auch die realen Reallöhne sind kaum gestiegen. Konsumausgaben haben in der Eurozone im Durchschnitt deutlich kräftiger zugenommen als in Deutschland.

In einem neulich veröffentlichten Bericht fasst DIW Berlin nun zusammen, dass Deutschland in vielen Bereichen nicht wirklich vorangekommen ist. Die Bundesrepublik ist einer der Sparweltmeister. Kaum ein Industrieland hat eine so hohe private Sparquote wie Deutschland, unterstreicht das grösste deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut.

Die hohen Ersparnisse wurden zu grossen Teilen nicht hierzulande, sondern im Ausland investiert. Dort brachten sie laut DIW nicht die erhofften Erträge. Das Geld, das im Ausland verloren wird, fehlt im Inland für Investitionen, argumentieren die DIW-Forscher. Das ist zugleich der Hauptgedanke hinter dem lesenswerten Bericht.


Reallöhne, Graph: DIW Berlin, Wochenbericht 26/2013


Die Forscher schätzen, dass sich in Deutschland seit 1999 (im Vergleich mit dem Durchschnitt der Eurozone) eine Investitionslücke von 3% des BIP gebildet hat. Das heisst, es fehlten rund 75 Mrd. Euro pro Jahr.

Hätte die deutsche Investitionsquote dem Durchschnitt des Euroraums entsprochen, wäre das BIP pro Kopf jährlich um knapp 1% stärker gewachsen. Ein Grossteil der Investitionen wird von Unternehmen und privaten Haushalten geleistet. Da die Finanzierungskosten für den deutschen Staat derzeit so niedrig sind wie noch nie, hat auch die öffentliche Hand Spielraum.

Die Autoren des DIW-Berichts nennen drei Investitionsfelder, wo „zusätzliche Investitionstätigkeit besonders fruchtbar wäre“: Energie, Verkehrsinfrastruktur und Bildung.

Reale private Konsumausgaben, Graph: DIW Berlin, Wochenbericht 26/2013


Sparen fördert das Investieren nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Erst wird investiert, dann gespart.

Als Fazit wird im Bericht festgehalten, dass es dringend Zeit ist, dass Deutschland seine Investitionsschwäche angeht und den Investitionsrückstand so bald wie möglich abbaut. Höhere private und öffentliche Investitionen jetzt würden nicht nur Wachstum in Deutschland stärken, sondern auch einen wichtigen Wachstumsimpuls für Europa bedeuten.





Investitionslücke Deutschlands, Graph: DIW Berlin, Wochenbericht 26/2013

Keine Kommentare: