Die Debatte „Stimulierung“ versus „Sparmassnahmen“ kommt ganz schön in Fahrt. Während führende Ökonomen (wie z.B. Paul Krugman, Brad DeLong, Mark Thoma) angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche für mehr Konjunkturprogramme plädieren, drängt die Mehrzahl der Mainstream-Ökonomen wegen Hyperinflation-Hysterie auf sofortige Haushaltskürzungen. Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff legen jetzt eine wieder aufgewärmte Analyse ( „Debt and growth revisited“) in voxeu vor, indem sie betonen, die Dinge zu klären. Der Adressat ist eigentlich bekannt: Paul Krugman. Die Volkswirtschaftslehre bleibt unter Beschuss, da die jüngste Krise für eine Verankerung der abstrakten Modelle steht, die wenig Verbindung mit der realen Welt haben. In „Growth in a Time of Debt“ zielt unser datenintensive Ansatz auf die Bereitstellung von stilisierten Fakten, weit über selektive anekdotische Beweise hinaus, ab, auf die gleichzeitige Verbindung zwischen Verschuldung, Wachstum und Inflation in einer Zeit, in der die reichsten Volkswirtschaften der Welt in Friedenszeiten mit einem Anstieg der Schulden zu tun haben, was seit der „Grossen Depression“ der 1930er Jahre nicht gesehen wurde und in der Tat so gut wie nie in Friedenszeiten, bemerken Reinhart und Rogoff.
„Ich fühle mich nicht geklärt“, antwortet Krugman postwendend in seinem Blog. Das ursprüngliche Paper über Schuldenstand und Wirtschaftswachstum präsentiert einen starken Zusammenhang zwischen der hohen Verschuldung und dem niedrigen Wachstum. Und es schien, zu sagen, dass es ein kausaler Zusammenhang war. In der Praxis erhebt der Artikel den Anspruch, dass es eine rote Linie von 90% in der „debt-to-GDP“-Ratio (öffentliche Schuldenquote) gibt, wo man in Gefahr tritt, legt Krugman dar.
Skeptiker wie Krugman fragen natürlich nach der kausalen Interpretation der Korrelation. „Wir haben gezeigt, dass im Fall der USA, wie im Original Paper hervorgehoben, die Schulden-Wachstum Korrelation vollständig aus der unmittelbaren Nachkriegszeit kommt, als das Wachstum dank der Nachkriegszeit Demobilisierung gering war“, erklärt Krugman. „Wir haben darauf hingewiesen, dass andere Episoden der hohen Verschuldung und des niedrigen Wachstums, wie Japan in den späten 1990er Jahren, Fälle waren, in denen Verursachung eher von dem einstürzenden Wachstum zu Schulden verlaufen ist als umgekehrt“, so Krugman.
Die Frage ist also, wieviel von der Korrelation übrig bleibt, wenn wir uns auf die Fälle beschränken, in denen die Ursache von Schulden zu schwachem Wachstum plausibel ist, als umgekehrt. „Reinhart und Rogoff beanworten aber diese Frage nicht. Sie geben nur eine Liste von Friedenszeiten mit Hochverschuldungsepisoden“, hält der Nobelpreisträger fest. Versteht man die Lektüre richtig, dann zählen zu den Nachkriegszeit Fällen (abgesehen von Japan) nur noch Belgien, Irland und Italien. Sind diese Fälle aber genug, das Gewicht auf die angebliche rote Linie von 90% zu legen, fragt Krugman. Es ist verwirrend, dass Reinhart und Rogoff das Argument umkehren. Sie geben zu, dass es geschehen kann. Aber sie argumentieren, dass die Ursache nicht immer „von Wachstum zu Schulden“ verläuft, sondern auch in die andere Richtung verlaufen kann. „Ist das also ein Angriff auf einen Strohmann“ fragt Krugman deswegen zu Recht.
Fazit: Reinhart und Rogoff gelingt es nicht, überzeugend darzulegen, dass hohe Schulden schwaches Wachstum zu Folge haben. Es gilt umgekehrt: Schwaches Wirtschaftswachstum, d.h. mangelhafte Nachfrage verursacht hohe Schulden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen