Sowohl die Kapazitätsauslastung (76%) als auch die Industrieproduktion (0,8%) sind in den USA im Dezember gestiegen, wie die Fed mitgeteilt hat. Mit dem Indexstand von 94,9% des Durchschnittswertes von 2007 lag die gesamte Industrieproduktion im Dezember 5,9% oberhalb des Wertes vor einem Jahr. Die Kapazitätsauslastung lag mit 76,0% 4,6% unterhalb des Durchschnittswertes von 1972 bis 2009. Mark Thoma präsentiert in diesem Zusammenhang in seinem Blog in einer anschaulichen Abbildung, in welchem Verhältnis die Arbeitslosigkeit und die Kapazitätsauslastung zueinander stehen. In den vergangenen Jahren war eine ziemlich enge Beziehung zwischen den beiden Reihen zu beobachten. Aber nachdem Thoma die Abbildung mit den jüngsten Daten aktualisiert hat, scheint die bisher bestehende Beziehung zwischen den beiden Grössen zu einem gewissen Grad gebrochen zu sein.
Kapazitätsauslastung versus Arbeitslosigkeit, Graph: Prof. Mark Thoma
Warum? Warum erholen sich das BIP und die Industrieproduktion schneller als die Arbeitslosigkeit? Und warum hat sich die Beziehung im Laufe der Zeit verändert? „Die Aussichten für die Wirtschaft haben sich in letzter Zeit etwas verbessert. Wir haben dennoch viel Nachholbedarf“, bemerkt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Millionen von Arbeitnehmer haben während der Grossen Rezession ihre Arbeitsplätze verloren. Sie brauchen Beschäftigung. Es wird noch viel Zeit beanspruchen, die Lücke zu schliessen.
Warum dauert aber die Erholung der Beschäftigung länger als die Erholung der Produktion (output)? Eine Kombination von Faktoren ist am Werk, erklärt Thoma. (1) Unternehmen wollen sich nicht verpflichten, neue Arbeitnehmer einzustellen, bevor sie sicher sind, dass die Erholung solide ist. Und die Unsicherheit über die Stärke der Erholung in der Nähe der Wendepunkte veranlasst Unternehmen die Einstellung von neuen Mitarbeitern zu verzögern. (2) Es ist für Unternehmen nur natürlich, während eines Abschwungs, die Produktion umzustellen. Weil Unternehmen Mitarbeiter entlassen, ordnen sie die Arbeit unter Mitarbeitern, die bleiben, neu zu. Dann, wenn die Dinge sich verbessern, installieren sie arbeitssparende Geräte, um Kosten zu senken, legt Thoma dar. Die Umverteilung von Aufgaben und die Ersetzung der Arbeit mit Software, Roboter und anderen Maschinen führen zu einer Verzögerung bei der Erholung der Beschäftigung. (3) Unternehmen wollen nicht, dass ihre Mitarbeiter mit der höchsten Produktivität und der teuren Ausbildung in einer Rezession weggehen, auch wenn es nicht genug Arbeit zu tun gibt. Weil diese Unternehmen nicht neue Mitarbeiter einstellen wollen, bis die Überkapazitäten aufgebraucht sind, verzögert dies auch die Zeit, bis neue Mitarbeiter eingestellt werden. (4) Wenn es einen beträchtlichen Strukturwandel gibt (was dazu führt, dass eine grosse Zahl von Arbeitnehmern umgeschult und/oder verlegt werden müssen), dürfte der Arbeitsmarkt es schwer haben, sich zu erholen, so Thoma.
„Ich hoffe, dass ich falsch liege. Aber ich glaube, dass diese Faktoren zusammenwirken, um eine längere Arbeitslosigkeit zu produzieren“, hebt Thoma hervor. Historisch gesehen erholen sich die Finanzkrisen, die wir erleben, schwer und das schafft eine erhebliche Unsicherheit. Der oben ausgeführte erste Faktor dürfte also besonders stark wiegen. Der zweite Faktor ist wahrscheinlich genau so stark wie der erste, weil Unternehmen die erweiterten Möglichkeiten des technologischen Fortschritts in Anspruch nehmen, um die Produktivität zu verbessern. Darüber hinaus hat die Rezession neben der üblichen zyklischen Problemen eine hohe Menge an Strukturwandel induziert, was dem vierten Faktor eine stärkere Bedeutung beimisst, als in einer typischen Rezession der Fall wäre, fasst Thoma zusammen. Was ist aber mit längerer Sicht? Werden die Probleme für den Arbeitsmarkt überwältigt, wenn die Rezession vorbei ist? Die Antwort ist leider nein, schlussfolgert Thoma.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen