Michael
Burda nimmt in einem Artikel in Royal Academic Society zu den kritischen
Ansichten einer nicht geringen Anzahl von Ökonomen aus den USA und
Grossbritannien über den makroökonomischen Zustand der deutschen Wirtschaft
Stellung.
Die anglo-amerikanische Welt hat sich schon lange
vor der Finankrise gegen Deutschland verbündet, was sich seit dem Ausbruch der
ausweglosen Situation Griechenlands noch mehr verstärkt hat, beklagt Burda.
Namentlich erwähnt er dazu Paul Krugman, Martin Wolf, Wolfgang Münchau und
Simon Wren-Lewis.
Der an der Berliner
Humbolt University lehrende
Wirtschaftsprofessor vertritt die Meinung, dass es nichts Besonderes oder
Ungewöhnliches über die deutsche Wirtschaft gibt.
Es gehe nicht um ordnungspolitische Religion,
sondern um eine Mischung aus nationalem Egoismus und einem gesunden Misstrauen,
gewonnen durch die Erfahrung, die die Wirtschaftspolitik heute in Deutschland
leite.
Man könnte sich aber vorstellen, dass Griechenlands
Rettung, aber auch die Rettung der anderen Staaten an der EU-Peripherie ein
deutliches Beispiel dafür liefert, dass die Idee der europäischen Solidarität
das vermeintliche Eigenintesse überwindet, antwortet Simon Wren-Lewis in seinem Blog in einem lesenswerten
Eintrag auf Burda.
In der Tat hat Deutschland
in vielerlei Hinsicht von der Mitgliedschaft in der europäischen Zone
profitiert. Henning Meyer deutet auf
eine Studie durch die IWH hin, dass Deutschland dank seinem Status als
“sicheren Hafen” von 2010 bis 2015 mehr als 100 Mrd. EUR an Schuldzinsen
gespart hat.
Der grösste Nutzen, den Deutschland aus der
Eurozone zieht, geschieht durch die Unterbietung
der anderen Mitgliedstaaten seit rund 10 Jahren, unterstreicht der an der Oxford University lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Jeder weiss Bescheid über die “übermässige
Inflation” der Peripherie in diesen Jahren. Aber die Geschichte der Lohn-Moderation (insufficient wage inflation) in Deutschland wird gleichzeitig kaum
erzählt, so Wren-Lewis weiter. Würde dies über Wechselkurse vonstatten gehen,
würde man es “beggar my neighbour”-Politik
nennen. Es ist aber ein wesentlicher Grund, warum Deutschland die einzige
Volkswirtschaft in der Eurozone ist, die seit 2010 nicht gelitten hat, hebt
Wren-Lewis hervor.
Und was ist mit dem Druck, den Deutschland auf die
EZB ausübt? Zunächst der Versuch, das OMT-Programm vom September 2012 gezielt
zu verhindern. Und dann der Widerstand gegen die QE-Politik. Das alles ist auf
die extreme Angst vor Inflation und der Dominanz der Fiskalpolitik über die
Geldpolitik in Deutschland zurückzuführen.
Da die EZB nicht mehr in der Lage ist, das
Inflationsziel von 2% zu erfüllen, hat die deutsche Politik, die anderen
Mitgliedstaaten in der Eurozone zu unterbieten, schlussendlich zu Deflation
geführt, wobei die anderen Mitgliedstaaten die Kosten für die Verbesserung der
deutschen Wettbewerbsfähigkeit tragen, die Burda in seinem Artikel mit
geschwellter Brust darlegt.
Vielleicht geschieht das alles aus Selbstinteresse,
wie Burda schildert. Die deutschen Ökonomen sind aber damit nicht aus dem
Schneider. Denn Deutschland hat eine
zentrale Rolle gespielt, durch sein Beharren auf harsche Sparmassnahmen,
zusammen mit dem Druck auf die EZB die zweite Rezession in der Eurozone
entstehen zu lassen. Und die deutsche Regierung stand auch im Mittelpunkt,
Griechenland inmitten einer schwer angeschlagenen Wirtschaft eine stumpfsinnige
Austeritätspolitik aufzuzwingen.
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