Die Euro-Krise ist nicht durch
unverantwortliche Haushaltsführung zustande gekommen. Mit dem Ausbruch der
Finanzkrise von 2008 wurde deutlich vor Augen geführt, dass das eigentliche
Problem der EU-Peripherie darin bestand, Kosten und Preise nach unten anzupassen
(wegen des deutschen Unterschiessens der Lohnstückkosten).
Während die Löhne an der
Peripherie kräftig zulegten, stagnierten sie im Kern. Die Lohnstückkosten sind folglich
dramatisch auseinander gelaufen. Südeuropa verlor an Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere
hat Deutschland sich damit einen Wettbewerbsvorsprung verschafft.
Da die Schuldner-Länder keine
eigene Währung haben, hat die EU-Kommission zur Senkung der Kosten internal devaluation (interne Abwertung)
verordnet.
Die Austeritätspolitik würde nach der angebotsorientierten Konzeption der EU-Behörden die gesamtwirtschaftliche Nachfrage reduzieren und
die Arbeitslosigkeit erhöhen. Die höhere Arbeitslosigkeit würde im Gegenzug die
Lohnforderungen mässigen und zu einer Verringerung des Wachstums der
Nominallöhne führen.
Inflation und Geldmenge M3 in der
Euro-Zone, Graph: Morgan Stanley
Die Inflation dürfte demnächst im
Juli 2014 mit 0,3% (im Juni 0,5%) einen neuen Tiefstand erreichen.
Der Ansatz zielte darauf ab, das
Preisniveau in den Schuldner-Ländern (mit Leistungsbilanzdefizit) im Verhältnis
zu den Gläubiger-Ländern (mit Leistungsbilanzüberschuss) zu senken und auf diese Weise die
Wettbewerbsfähigkeit in den Kreditnehmer-Ländern zu verbessern.
Die Realität ist, dass die
Nominallöhne an der Peripherie aus vielen Gründen (Marktsegmentierung,
verschiedene institutionelle Regelungen über nationale Grenzen hinweg,
Rigiditäten in den Güter- und Arbeitsmärkten) mehr als die Preise gesunken
sind. Der Rückgang der Reallöhne hat die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter
abgeschwächt.
Das Problem ist nun, dass
Deutschland die preisliche Wettbewerbsfähigkeit im Exportgeschäft auf einem so hohen
Niveau im Vergleich zu vielen Ländern an der EU-Peripherie aufrechterhält, dass
die Löhne in den Schuldner-Ländern eigentlich weiter fallen müssten.
Fazit: Die Austeritätspolitik
(*) in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft und die interne Abwertung waren von
Anfang an ein Fehler, um es milde auszudrücken.
Da die Basis der harschen Sparmassnahmen die neoklassische Arbeitsmarkttheorie ist, steht damit
wiedereinmal fest, dass das von Brüssel und Berlin praktizierte
Wirtschaftsmodell im Euro-Raum tendenziell zu Deflation führt und der Arbeitsmarkt nicht wie der Kartoffelmarkt funktioniert.
Die marktwirtschaftliche Vorstellung, dass
Lohnsenkungen zu mehr Beschäftigung führen, ist eine Illusion. Angebot und
Nachfrage funktionieren auf dem Arbeitsmarkt nicht unabhängig voneinander.
(*)
Prof. Peter Bofinger
sagt in einem aktuellen Interview mit der taz, dass 80% der sog. Strukturreformen in
Europa faktisch Lohnzurückhaltung oder Lohnkürzung bedeuten.
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