Mittwoch, 2. Juli 2014

BIZ-Bericht und Sadomonetarismus

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS: Bank for Internatinal Settlements) mit Sitz in Basel argumentiert seit zumindest 2010 für die Erhöhung der Zinsen in den grössten Volkswirtschaften der Welt.

Im vor drei Tagen vorgelegten Jahresbericht (84th BIS Annual Report) schreibt die Internationale Organisation des Finanzwesens (öfters als die Zentralbank der Zentralbanken genannt) erneut, dass die wichtigsten Zentralbanken kurzfristige Ziele verfolgen, sich auf temporäre Vorteile konzentrieren und damit längerfristige Kosten ignorieren.

Man kann sagen: Immer dieselbe Leier. Denn die Protagonisten von BIS setzen sich trotz der schwachen Entwicklung der Wirtschaft für die Politik der Geldverknappung (tight money). Begründung: Aufgrund der Nullzinsgrenze (zero lower bound) ist die Geldpolitik in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt. Und deshalb werde die Finanzstabilität gefährdet. Das Risiko der finanziellen Instabilität sei nicht annehmbar.

Ist das eine ketzerische Stimme, wie The Economist meint oder eine Dreistigkeit, ja sogar Unverfrorenheit, wie Simon Wren-Lewis unterstreicht?


Leitzinsen in den USA, der EU und Japan, Graph: BIS Jahresbericht 2014

Zunächst einmal gilt es, festzuhalten, dass die BIS grundsätzlich einer angebotsorientierten Konzeption folgt. Das heisst, dass aus Sicht der Angebotsökonomen die schlechten Bedingungen für die Anbieter in erster Linie durch staatliche Einschränkungen verursacht werden und Deregulierung, Privatisierung und Senkung der Abgabenlasten deshalb die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern können.

Wenn man jetzt die Zinsen erhöht, um finanzielle Instabilität zu verhindern, während die Inflation unter dem Zielwert verläuft, verbleibt die Inflation unter dem Zielwert der Zentralbank oder sie fällt sogar weiter. Das kann man nicht einfach übersehen, erklärt Wren-Lewis in seinem Blog. Und wenn die Zinsen heute erhöht werden, um eine Finanzkrise zu unterbinden, müssen sie in der Zukunft niedriger notieren, um mit der Niedriginflation im Einklang zu stehen oder sogar mit der Deflation, die man dadurch auslöst, zurechtzukommen.

Die schwedische Zentralbank (Riksbank) hat Mitte 2010 angefangen, die Zinsen von 0,2% auf 2% zu erhöhen, obwohl die eigenen Prognosen auf eine Inflationsrate unter dem Zielwert hindeuteten und die Arbeitslosigkeit deutlich über dem natürlichen Mass bleiben würde. Die schwedischen Notenbanker beschlossen die Zinserhöhung explizit, weil sie wegen einer möglichen Immobilienblase besorgt waren. Die Inflation in Schweden begann, zu fallen und seit 2013 liegt sie auf der Nullzinsgrenze oder sie ist sogar darunter gesunken.

Das war keine kluge Politik. Denn mit der fallenden Inflation steigt der reale Wert der Schulden, wie Lars Svensson mehrmals betonte.

Die jährliche Inflation im Euro-Raum beläuft sich nach gestern veröffentlichten Schnellschätzungen des eurostat auf 0,5 Prozent. Europa bleibt daher im Gegenteil zu den USA und Grossbritannien nahe an der Deflationsgefahr.

Es darf in Erinnerung gerufen werden, dass es die BIS war, die die EZB hochgelobt hat, als die EZB 2011 im April und Juli wider besseres Wissen die Zinsen erhöhte.

Bemerkenswert ist, dass die BIS die Einschränkung der Geldpolitik auf der Nullzinsgrenze anerkennt, aber trotzdem die Austeritätspolitik der EU unterstützt, wo eine expansive Fiskalpolitik gefragt wäre. Die Angebotsökonomen der BIS ziehen ferner eine vorübergehende Erhöhung des EZB-Zielwertes auch nicht in Abwägung, was nach dem Lehrbuch im Grunde genommen naheliegen würde.

Paul Krugman schreibt, dass die BIS grundsätzlich nur höhere Zinsen sehen will und daher immer nach einem Grund sucht. Es geht deshalb nicht um Stabilität, sondern Sadomonetarismus.






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