Dienstag, 22. Juli 2014

„Neomonetaristen“ versus „Neofiskalisten“

In der amerikanischen Blogosphäre findet derzeit eine interessante Debatte statt. Es geht, vereinfacht ausgedrückt, um die Frage, ob Keynesianer und Markt Monetaristen symmetrisch sind? Das heisst, ob sie in Bezug auf die Anordnung deckeungsgleich sind.

Nick Rowe sagt ja. Simon Wren-Lewis sagt nein. Wer hat recht?

Der Ausgangspunkt ist eine Aussage von Paul Krugman: Der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor hat vor einer Weile gesagt, dass die Markt Monetaristen in der modernen konservativen Bewegung keine Resonanz finden.

Rowe entgegnet: Die Aussage gilt auch für Fiskalisten („neofiscalist“), die es nicht geschafft haben, in den Regierungen, nicht einmal der Linken, Fuss zu fassen. Wo liegt also der Unterschied, fragt der an der Carleton University, Ottawa, Kanada lehrende Wirtschaftsprofessor.

Ja, es stimmt, antwortet Wren-Lewis auf Rowe: „Es ist wahr, wir haben es aber irgendwie gewusst“. Der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor verwendet im Gegensatz zu Rowe, der von „Neomonetaristen“ und von „Neofiskalisten“ redet, lieber die Bezeichnung Markt Monetarist (MM).


Mit Neofiskalisten sind diejenigen Ökonomen gemeint, die für Fiscal Stimulus (d.h. Vorausgabung von öffentlichen Haushaltsmitteln zur Konjunkturbelebung) sind, v.a. in Zeiten wirtschaftlicher Depression, wenn die nominalen Zinsen auf der Nullgrenze (zero lower bound) liegen.

Neomonetaristen oder MM vertreten hingegen die Meinung, dass „wir nicht immer auf die Fiskalpolitik angewiesen sein können“. Die Fiskalpolitik verfolge andere Ziele. Wenn kein festes Wechselkurs-System besteht, sollen alle geldpolitischen Mittel eingesetzt werden, um die Wirtschaft zu stabilisieren.

Wren-Lewis kann MM nicht folgen, weil sie ihre Argumentation nicht mit einem klaren theoretischen Modell begründen können. MM ist zwar einverstanden, dass Fiscal Stimulus funktioniert. Aber es muss mit der Geldpolitik entgegengewirkt werden. Das hört sich natürlich wie ein Witz an. Wren-Lewis deutet zu Recht auf die EU hin, wo die geldpolitischen Entscheidungsträger seit mindestens 2011 versuchen,  die Wirtschaft anzukurbeln. Es gelingt nicht. Warum? Na klar: Die Austeritätspolitik, d.h. die fiskalischen Sparmassnahmen.  

Krugman ergänzt, dass die „Menschen wie ich eklektisch sind“, argumentierend, dass mehrere Instrumente eingebracht werden sollen. Und „wir sind bereit, die zweitbeste Lösung zu akzeptieren, wenn es das ist, was verfügbar ist“. Wir sind alle für die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing), auch wenn es einige Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit der QE-Politik gibt, in einer Welt, wo eine Austeritätspolitik ausgeübt wird, ob man es gern sieht oder nicht.

Das sei der Unterschied zu der Ansicht der MM, die darauf beharren, dass die Fiskalpolitik keine Rolle spiele und die harschen Sparmassnahmen keine Auswirkung entfalten können, weil man mit der Geldpolitik Nachteile ausgleichen könne, ob sie es wirklich tun oder nicht.

Es gibt aber auch einen weiteren grossen Unterschied auf der politischen Bühne, was die intellektuelle Rolle, die MM auf der rechten Seite und Keynes auf der linken Seite des politischen Spektrums spielen, erklärt Krugman:

Obama teilt die keynesianische Sicht der Welt. Seine Mitarbeiter sind Makro-Typen (die sich auf das IS-LM Modell stützen), auch wenn eine expansive Fiskalpolitik wegen der radikalen Opposition nicht weit ausgelegt werden konnte. Die republikanischen Entscheidungsträger hingegen bekommen ihre Volkswirtschaft-Tipps von Hayek und Ayn Rand und sie sind eindeutig Liquidationisten. Sie nehmen keine Ratschläge von der MM entgegen und sind aktiv gegen die von der MM präsentierten Konzepte. Aus diesem Grund sagt Krugman, dass die MM politisch kein Zuhause finden.



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