Mittwoch, 23. Juli 2014

Expansive Fiskalkontraktion gibt es nicht

In Deutschland sind die Löhne und Gehälter in den zehn Jahren vor dem Ausbruch der Eurokrise kaum stärker gestiegen als die Produktivität. Südeuropa war daher 2008 gezwungen, die Kosten und Preise nach unten anzupassen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass das deutsche neo-klassische Wirtschaftsmodell für das Auseinanderlaufen der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone verantwortlich ist. Deutschland hat den Rest der EU mit Lohndumping an die Wand gedrückt.

Die EU-Kommission hat als Abhilfe Austeritätspolitik verordnet, um das Scheitern der EWU zu verhindern. Da die Schuldnerstaaten über keine eigene Währung verfügen, müssen sie die Kosten via „interne Abwertung“ senken, was eine lange Phase der Massenarbeitslosigkeit bedeutet.

Die sinkenden Lohnstückkosten sollen Schuldnerstaaten helfen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und ihre Leistungsbilanz zu fördern. IMF-Ökonomen halten in einem gestern veröffentlichten Beitrag im iMFdirect fest, dass die neulich gewonnene Wettbewerbsfähigkeit dem Rückgang der Lohnstückkosten zu verdanken ist.

In Griechenland und Irland fielen die Lohnstückkosten v.a. durch eine etwa gleich grosse Mischung von Löhnen und Beschäftigung, während in Spanien der Rückgang Lohnstückkosten aufgrund der rückläufigen Beschäftigung zustande kam.



Entwicklung der Lohnstückkosten in der Eurozone im Einzelnen, Graph: IMF Blog  iMFdirect

Wie die Autoren der Analyse schlussfolgern, ist der Grossteil der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit mit einem Rückgang der Binnennachfrage und Arbeitslosigkeit einhergegangen.

Deshalb stellt sich u.a. die Frage, wie nachhaltig die Verbesserung der Leistungsbilanz in den betroffenen Ländern ist: Wird sich wieder ein Leistungsbilanzdefizit ergeben, wenn sich die Nachfrage sich in den Volkswirtschaften erholt?

Die Sparpolitik bzw. Haushaltskonsolidierung in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft hat zur Folge, dass die private Nachfrage zurückgeht und die Kapazitätsauslastung der Unternehmen negativ betroffen wird.
Der EU-Ansatz, heute Leid und Schmerzen in Kauf zu nehmen, um später davon zu profitieren, hat sich damit als fatal erwiesen. Die „Liquidationisten“ vernichten viel Humankapital in Europa. Sieht man den Staat als Problem und den Markt als Lösung an, gehen Menschen vor die Hunde.

Es gibt keine „expansionary austerity“ („expansive Fiskalkontraktion“) wie von der EU-Kommission angeordnet. Nicht alle können gleichzeitig durch Sparen wachsen.


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