Die Frage, ob Niedrigzinsen für
Spekulationsblasen an den Vermögensmärkten verantwortlich sind, hat in den
vergangenen Tagen durch den aktuellen Jahresbericht der BIZ (Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich) erneut an Brisanz gewonnen.
Vollständige Einsichtigkeit
deutet darauf hin, dass die niedrigen Zinsen derzeit nicht die Ursache von
Übertreibungen an den Finanzmärkten
(Aktien, Rohstoffe, Immobilien usw.), sondern ein Symptom der
Finanzkrise von 2008 sind.
Die Zinsen sind niedrig, weil die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage weit unter dem produktiven Kapazitätsniveau der
Wirtschaft liegt, und es hohe Arbeitslosigkeit gibt und das Kapital brachliegt.
Die Niedrigzinsen sind nicht an
allem Übel in der Welt schuld. Im heutigen Marktumfeld sind die besonders
niedrigen Zinsen sogar von grossem Vorteil. Da der Schuldenabbau-Prozess (deleveraging) im Privatsektor anhält,
verringert sich die reale Last der Schulden durch die Niedrigzinsen.
Janet Yellen, Fed-Chefin hat neulich in einem unbedingt
lesenswerten Vortrag („Monetary Policy and Financial
Stability“) unterstrichen, dass die Finanzstabilität mit der Geldpolitik schwer
zu bewerkstelligen ist.
Yellen betont, dass Anpassungen
der Zinsen die Volatilität von Inflation und Beschäftigung erhöhen würden. Deshalb
seien makroprudenzielle Massnahmen (z.B.
mehr Eigenkapital für Banken) besser geeignet, die Übertreibungen an den
Finanzmärkten unter Kontrolle zu halten.
US Leitzinsen (fed funds rate) und die modifizierte Taylor-Regel, Graph: Cecchetti &
Schoenholtz in: Is the Fed behind the curve?
Die modifizierte Taylor-Regel
besagt, dassa die Geldpolitik der Fed (auch wenn man die Bilanz-Erweiterung der
Fed ignoriert) zur Zeit ungewöhnlich stimulierend ist, gemessen im historischen
Vergleich in den letzten 30 Jahren.
Die blaue Kurve beruht auf PCE
Inflation Daten und der Abweichung der Arbeitslosenquote von deren
Gleichgewichtsniveau als Mass für die wirtschaftliche Flaute.
Yellen hebt m.a.W. hervor, dass die
konjunkturelle Erholung abgebremst und geschadet werden kann, wenn die Zinsen
zu früh oder zu stark angehoben werden.
Die Fed-Chef sieht die
potenziellen Gefahren für die Instabilität auf den Finanzmärkten ein. Aber sie
legt nahe, dass Disinflation oder gar Deflation
die Erholung aus der Great Recession
wesentlich erschweren können.
Das Argument, dass die führenden
Zentralbanken an den zu tiefen Zinsen Schuld seien, ist ein Beleg dafür, wie
die Wirtschaft heute höchst politisiert wird. Die Angebotsökonomen werden nicht
müde, mitten in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft höhere Zinsen zu
fordern. Sie weigern sich, aus politischen Gründen die Evidenz anzuerkennen. Es
ist nicht Geldtheorie, sondern Wunschdenken.
Die Fed-Projektionen sagen voraus,
dass der Leitzins (fed funds rate)
Ende des nächsten Jahres bei rund 1%
liegen würde. Die Fed funds Future deuten für denselben Zeitraum einen Leitzins
um den Wert „nicht höher als 0,75%“ an. Die Prognose für Ende 2016 lautet „unter
2%“.
Seit 1994 lag die Kerninflation (core PCE inflation) nicht höher als 2 Prozent. David Beckworth argumentiert, dass die Fed seit 2008 für core PCE inflation einen Zielkorridor zwischen 1% bis 2% anstrebt.
Die Fed verfolgt als Ziel nicht
die Kerninflation (core inflation),
sondern die allgemeine Inflation (headline
inflation, genau genommen PCE inflation). Aber sie behält die Kerninflation im Auge, weil die vergangene
Kerinflation im Allgemeinen eine bessere Vorhersage zulässt als die vergangene
Inflation.
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